sich überschneiden und die Symbole des einen auf das andere übergehen. So ließ sich der hethitische Großkönig z.B. mit dem Titel „Meine Sonne“ anreden und die geflügelte Sonne wurde zur Herrschaftsinsignie. Gleichzeitig wurden die Gesetze, die seinen Herrscher- anspruch untermauerten, auf goldene Tafeln geschrieben. Das Gold wurde also auch zum Kennzeichen der weltlichen, politischen Macht eines göttlich legitimierten Herrschers. Die mythologische Identifikation des Goldes mit dem Göttlichen wurde aufgeweicht.

Diese schleichende Trennung spiritueller und weltlicher Bedeutung, die in der neuen Welt nie stattgefunden hat, nahm in der Alten Welt wahrscheinlich ihren Anfang in der Zeit der ersten chalkolithischen Stadtstaaten, und sie scheint offensichtlich unumkehrbar zu sein. Das Gold war nun nicht mehr nur mit dem Numinosen verknüpft, sondern auch mit der weltlichen Sphäre, mit rein materieller Macht, und es
kann demzufolge auch in die Irre locken, wie im Alten Testament mit der Anbetung des goldenen Kalbes belegt ist. Hier ist die mythische Identifikation aufgehoben und ihre Mechanismen sind durchschaut: Das Gold ist nicht mehr an sich heilig, sondern es ist nur noch Symbol des Heiligen und kann deshalb auch mißbraucht werden, um Heiligkeit zu behaupten. Auf diesem Weg wird es zum Mittel ökonomisch errungener Machterhaltung.
Im 6. Jhd. wurde schließlich die letzte Schwelle zur Ökonomisierung überwunden, in dem der lydische König Kroisos Gold zu einheitlichen Münzen prägen ließ. Dieses zu Geld gewordene Gold war nur noch mit der währungsstiftenden ökonomisch-politischen Macht des Königs verknüpft.


Da die drei Aspekte der Macht, die politische, die ökonomische und religiöse Macht, jedoch bis in die Neuzeit eng miteinander verknüpft blieben, blieb auch die ideelle Bedeutung des Goldes weitgehend unberührt - und ist es bis heute. Reliquien, heilige Ikonen, Kuppeln von Kirchen, Moscheen und Stupas werden vergoldet, ebenso Kruzifixe, Buddhafiguren, Altäre. Auch der Hirtenstab und der Fischerring des Papstes sind aus Gold.
Das Gold symbolisiert nach wie vor das Angestrebte, das hehre Ziel, den metaphorischen Olymp. Entsprechend der Rangfolge, die Hesiod vorgab, streben Sportler nach Bronze, Silber und Gold. In der Wirtschaft werden bislang unübertroffene Verfahren als „Goldstandard“ bezeichnet und wer eine goldene Kreditkarte sein eigen nennt, muß sich über seine Kreditwürdigkeit keine Sorgen machen.

Doch das lichte Gold hat sich auch als spiritueller Topos erhalten. So ist z.B. das Ziel des Opus Magnum der Alchimie die Herstellung von Gold, bzw. des Steins der Weisen, mittels dessen sich andere Materialien zu Gold transmutieren lassen.
Dass dieser materielle Prozess als eine Metapher der seelischen Läuterung im Sinne der Hermetischen Tradition begriffen werden muss, wird bereits in den ältesten alchimistischen Schriften der Antike bekräftigt, so bei Zosimos von Panopolis aus dem 3 Jhd. n. Chr. Die vierte Stufe dieser von ihm beschriebenen seelischen Läuterung wird als Rubedo, die „Rötung“, bezeichnet, also die Umwandlung in rotes Gold. Für Gustav Meyrink bedeutet diese Zielvorstellung der Alchimie die Vereinigung des Menschen mit Gott, so wir sie im Neuen Jerusalem oder dem Land des Buddha Amithaba verwirklicht sehen.

C.G. Jung griff diese spirituelle Deutung des Opus Magnum für seine Psychoanalytische Methode auf. Er setzt das „Rubedo“ dem Selbst gleich und sah in dem Prozess der Individuation eine „Transmutation der Seele“. In der darauf basierenden psychoanalytischen Literatur taucht immer wieder der Begriff „Gold der Seele“ auf, der Schatz der im Archetypus des Schattens verborgen ist und gehoben werden muß.


An diesem Punkt fällt die Wissenschaft von der Seele mit den verschiedensten „inneren Wegen“ und mystischen Praktiken zusammen, die sich mit dem Numinosen nicht in einem elysischen Jenseits vereinigen wollen, sondern die darauf abzielen, das Göttliche in uns selbst freizulegen, mit ihm eins zu werden, ganz so wie Goethe in den Zahmen Xenien III schreibt:

Wär nicht das Auge sonnenhaft,
die Sonne könnt es nie erblicken.
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
wie könnt uns Göttliches entzücken?


Die sich uns dergestalt offenbarende universelle symbolische Bedeutung des Goldes, die durch alle Zeiten und Räume wirksam ist, lässt sich wohl auf seine physikalischen Eigenschaften zurückführen.
Am augenscheinlichsten ist zunächst sein Glanz, den der Mensch nicht nur mit dem Licht der Sonne verbindet, sondern auch mit dem überirdischen Glanz mystischer Visionen; dann ist sicherlich die Eigenschaft des Goldes, nicht zu korrodieren, von Bedeutung.

Die 01. Ausstellung zum Jahresprogramm SPRIT  und SPIRIT des EINSTELLUNGSRAUM e.V. 2020
Präsentation
Vernissage
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