Das Gold jenseits der Grenze -
Eröffnungsrede zur Austellung "Elke Suhr - Die Sache mit dem Gold" von Dr. Thomas Piesbergen Die Ausstellung "Die Sache mit dem Gold" von Elke Suhr findet statt im EINSTELLUNGSRAUM e.V.. im Rahmen des Jahresprogramms 2020 SPRIT und SPIRIT. Als Francisco
Pizarro im Jahr 1531 mit kaum mehr als 170 Soldaten in
das Reich des Inkas Atahualpa kam, brachte er nicht
nur zahlreiche Krankheiten mit, die maßgeblich dazu
beitrugen das damals größte Weltreich in kürzester
Zeit auszulöschen, sondern auch eine vollkommen
andere, mindestens ebenso zerstörerische Auffassung
von einem seltenen Rohstoff: dem Gold.
Während das Gold für die Spanier nichts anderes war, als ein Mittel zur ökonomischen Sicherung und Ausweitung weltlicher Macht, hatte es für die indigenen Völker Südamerikas ausschließlich eine spirituelle Dimension. Während das Silber dem Menschen und der Erde zugeordnet war, gehörte das Gold zu der Sphäre des Himmels und der Götter. Es war nicht Symbol des Heiligen, sondern es selbst war heilig. In der Anthropologie nennt man diesen Effekt eine mythische Identifikation. Für die Inkas war es entsprechend völlig unvorstellbar, das Gold im Sinne materiellen Reichtums zu besitzen. Genauso unvorstellbar wie es z.B. für die Spanier war, dass die Könige der Muisca bei ihrem Amtsantritt große Mengen an Gold in einem See versenkten, anstatt es in ihren Schatzkammern zu horten. Verfolgt man jedoch die Spur des Goldes in der Kulturgeschichte der Alten Welt, gelangt man bald zu der Einsicht, daß die Vorstellung der Conquistadoren ähnliche Wurzeln hatten, wie die der südamerikanischen Völker. Denn auch in Europa und Asien kann das Gold auf eine lange Tradition der Assoziierung mit dem Heiligen zurückblicken. Die ältesten Goldartefakte der Menschheit stammen von dem spätneolithischen Gräberfeld von Warna in Bulgarien um etwa 4500 v. Chr., und zwar aus dem Grab eines Mannes, den man wohl als Priesterfürsten ansprechen kann. Sie bestehen aus Armreifen, Knöpfen, runden Schmuckplatten, einem Zepter und vor allem einer markanten, mehr als handtellergroßen Goldscheibe. In der folgenden Bronzezeit sind scheiben- und kegelförmige Goldobjekte bereits über ganz Mitteleuropa verbreitet, wie die bekannten Goldhüte und Goldkegel oder die Scheibe des berühmten Sonnenwagens von Trundholm. Es liegt nahe, diese Goldscheiben als Repräsentationen einer vergöttlichten Sonne zu interpretieren. |
Auch in dem
altorientalischen Kulturkomplex mit seinem starken
Bezug auf die Gestirne war das Gold explizit das
Element der Sonne und Symbol des Sonnengottes Šamaš,
dargestellt durch die geflügelte Sonnenscheibe, die
genauso im alten Ägypten für den Sonnengott Ra steht
und im Reich der Hethiter für den „Sonnengott des
Himmels“.
Wann immer Gold in den archäologischen Befunden der frühen Kulturen auftaucht, geschieht es mit einem symbolischen Bezug auf die Sonne und einem ausgeprägt rituellen und religiösen Kontext. Doch steht das Gold nicht nur für den Glanz der gottgleichen Sonne. In zahllosen Mythen wird es auch herangezogen, um den Glanz des Paradieses zu vermitteln. Noch heute ist uns die antike Vorstellung eines Goldenen Zeitalters geläufig, in dem die Menschen noch in völligem Einklang mit sich selbst und der Natur lebten. Hesiod berichtet von einem ersten goldenen Menschengeschlecht, das sorglos in einem paradiesischen Zustand unter der Herrschaft des Kronos/Saturn lebte und die Angst vor dem Tod nicht kannte. Es wurde abgelöst von einem silbernen Geschlecht, dann von einem aus Bronze, das wiederum von einem heroischen und schließlich von dem heutigen, dem eisernen Geschlecht abgelöst wurde, wobei die Lebensdauer und die geistigen Fähigkeiten von Stufe zu Stufe abnahmen. Aus dem christlichen Zusammenhang, der Offenbarung des Johannes, kennen wir wiederum die Vorstellung des Neuen Jerusalems, einer Stadt aus Gold und Edelsteinen, in der die Menschen in der Anwesenheit Gottes leben werden. Diese Vorstellung entspricht erstaunlich genau der buddhistischen Vision des Buddhalandes des Amithaba-Buddha, der auch als Sonnenbuddha oder Buddha des Unermeßlichen Glanzes verehrt wird. Die Hindus nennen das erlösende Paradies Uttarakuru, das Juwelenland, das bewässert wird von Seen mit goldenen Lotosblumen. Auch in der jüdischen Kabbala ist das Gold mit dem Heiligsten assoziiert: zwei der Sefiroth des Lebensbaumes sind damit gekennzeichnet: die Sefirah Tiphereth, die das Gold, die Sonne, die Schönheit und Erzengel Michael, den Stellvertreter Gottes, repräsentiert, sowie die Sefirah Kether, die für die goldene Krone steht, den Uranfang, die Zahl 1 und den Erzengel Metatron, das Angesicht Gottes. Das Kether als goldener Uranfang wiederum korrespondiert mit dem goldenen Ei des Brahma, das in den Veden als Ursprung aller Erscheinungen bezeichnet wird. Doch schon in den hieratischen Stadtstaaten Mesopotamiens und signifikant in den altorientalischen Großreichen ist zu beobachten, wie das Heilige und die weltliche Macht |
Die
01. Ausstellung zum Jahresprogramm SPRIT und
SPIRIT des EINSTELLUNGSRAUM e.V. 2020
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Gefördert
von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und
Hansestadt Hamburg und Bezirk Wandsbek |