T R A N S F E R  Künstlerbuch  Anke Binnewerg und Antje Seeger / Dresden                               

mäßer Ersatz für Göttlichkeit spielte dabei eine große Rolle. Für unseren Austausch begann ich u.a. die Bilder zu analysieren, die beim Autofahren sichtbar werden bzw. direkt auf den Fahrer/die Fahrerin einwirken. Diese offenbaren sich beim Fahren eines Fahrzeugs wie ein Triptychon (siehe TRANSFER S.65*)
Bedeutend für mich ist, dass man beim Fahren immer dem Fluchtpunkt hinterherjagt, diesen aber nie erreicht. Das trägt für mich Aspekte von Fiktion, Virtualität oder Transzendentalität. Zu diesen Gedanken sind weiterhin entstanden VOR DER EINVERLEIBUNG (siehe TRANSFER S.139) oder der Minifilm FARAN (siehe TRANSFER S.148*).“

Ja, liebe Gäste, jetzt möchte ich Ihnen noch ein Beispiel aus unserem textlichen Diskurs vorstellen. Es betrifft den Minifilm FARAN. Lassen Sie uns diese Abschnitte gemeinsam an den Bildschirmen lesen.

Wir beginnen auf Seite 62*. Dort finden Sie den kleinen Zeichentrickfilm FARAN. Er zeigt ein Rad, welches sich in Schrittgeschwindigkeit stetig um seine eigene Achse dreht. Diesen Film schickte ich am 1.Dezember 2007 an Frau Binnewerg.

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Hier antwortete mir Frau Binnewerg am 6.Dezember 2007 folgendermaßen: „Die Arbeit Faran erschließt sich mir nicht. Vielleicht könntest Du dazu demnächst etwas schreiben? Die Sache mit der Geschwindigkeit kam bei mir nicht rüber; vielleicht hat man vor dem Bildschirm keine Vorstellung seiner eigenen Schrittgeschwindigkeit. Die Gestaltung (v.a. das rot-violette Signet und warum es ein abstraktes Rad ist) verstehe ich nicht.“

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In der Email vom 11. Dezember 2007 antworte ich Frau Binnewerg auf Ihre Frage wie folgt: „Das Filmchen „Faran“ stellt wie gesagt ein Rad bei Schrittgeschwindigkeit dar. Hier steht der Film in Bezug zum Titel. Wenn die Bedeutung von „faran“ ursprünglich 'gehen', 'laufen' usw. bedeutet,
geht dieses Rad, obwohl es fährt. Es ist bemerkenswert, dass Du eben gerade die Geschwindigkeit des Fußschrittes herausfinden konntest.
Was meinst Du mit Gestaltung des Rades?  Es ist ein im Rechner gezeichnetes Rad, vielleicht sieht es für Dich deshalb abstrakt aus. Da ich mich ja mit dem Fahren als eine neue Massenreligion beschäftige, beschäftige ich mich auch mit den für die Ausübung dieser Religion benötigten Utensilien und Gegenständen. Diese kann man in Bezug auf das Autofahren wohl fast als Fetische bezeichnen. Fetische sind ja künstliche Dinge, die mit einer bestimmten (starken) Bedeutung aufgeladen sind. Im Bereich der Autos sind das meist Marken bzw. Firmennamen, die auf allen Autoteilen, so auch auf Rädern zu lesen sind. Dieses Rad trägt eben keine Marke, sondern nur ein violett-rotes Signet...
Was passiert da genau in Deinem Kopf, wenn Du dieses Signet siehst? Was wäre der unterschied, wenn da „Nissan“ oder „Opel“ stehen würde. Was wäre, wenn dort „Nestle“ oder „Esprit“ stehen würde?“


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In der Email vom 14. Dezember 2007 schreibt dann Frau Binnewerg an mich wie folgt:
„Nochmal zu Deiner Faran-Arbeit. Vielleicht hängt das Problem, dass ich mit der Geschwindigkeit habe damit zusammen, dass das Rad an einer Stelle des Bildschirms angeheftet ist und sich dort dreht, wie die Scheibe beim Glücksrad. Ein „richtiges“ Rad dreht sich ja auch, setzt dabei aber einen Vorgang in Kraft, wodurch es selbst auch bewegt wird. Es existiert dann sozusagen eine doppelte Bewegung. Wenn das Rad so vor sich hin dreht, dann bewegt es sich ja nicht von der Stelle, kommt also nirgendwo hin. Es ist sozusagen ein sinnentleertes Rad. So was kann ja auch beabsichtigt sein. Nochmal zur Gestaltung des Rades: Ich frage da nur so genau nach, weil es für mich wichtig ist, aus was eine Sache besteht, wie groß sie ist, wo sie sich befindet, u.s.w., weil das sich auf den Inhalt niederschlägt. Ein abgebildetes dreidimensionales Rad hätte in mir bestimmt was anderes hervorgerufen, als ein Rad aus Wurst oder ein  Rad aus Plastik. Ein Rad, dass den ganzen Bildschirm einnimmt, wirft andere Fragen auf, als eins dass nur ein Achtel ausmacht. Ein Rad das oben dreht, sieht anders aus als eins dass mittig dreht und eins, dass diagonal über den Bildschirm rollt nochmal anders, u.s.w.. Das heißt jetzt nicht, dass ich glaube, sowas sei planbar. Meist ergibt sich das aus dem Arbeitsprozess, sich für eine bestimmte Lösung zu entscheiden. Ich bin z.B. nur auf die Abriebarbeit von letzter Woche gekommen, weil zwei Blättchen Kohlepapier bei mir so rumlagen und ich einen komischen Bezug dazu hatte. Vielleicht, weil die Rückseiten so asphaltartig glänzen ... . Um nochmal auf das Signet zurückzukommen: kann es auch Grün sein oder Blau oder gar nicht existieren? Ich verstehe im Zusammenhang mit den Automarken schon, wie Du drauf gekommen bist, aber nicht im Zusammenhang mit der Intention der Arbeit Faran, eine Geschwindigkeit darstellen zu wollen. Was haben beide Dinge miteinander zu tun? Oder anders gefragt, geht es um die soziale Erscheinungsform des Fahrens oder um das Fahren an sich?“

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Diese Ausstellung ist die 01. im Jahresprojekt shared space 2009 des EINSTELLUNGSRAUM e.V.                                                                                          
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Gefördert von der Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg und Bezirksamt Wandsbek
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