Nachwirken
von Sinneseindrücken erzeugten, können wir deshalb heute
von den Wachstäfelchen auf Apparate, Medien und
Materialien übertragen, die sinnlich Wahrnehmbares analog
oder digital aufnehmen und speichern. Sie bilden in Mess-
und Aufzeichnungstechniken umgesetzt eine der Grundlagen
unserer Kultur. Hier setzen die Objekte von Mika Neu an,
um sich ihren magischen Ursprüngen zu nähern, die sich in
alten und neuen medialen Zusammenhängen niedergeschlagen
haben. Die Objekte mit dem Titel „Absorbenzium
parasozialer Aktion 1“ und „Absorbenzium parasozialer
Aktion 2“ stellen Messinstrumente bereit, die sich auf die
Möglichkeit beziehen, bisher nicht erklärbare Phänomene
des Verhaltens in diesem Ausstellungsraum zu erfassen. Neu
geht dabei von Zusammenhängen aus, die das positivistische
naturwissenschaftlich fundierte Bewusstsein nicht zur
Kenntnis nimmt, obwohl sie eine eigene Relevanz besitzen.
Wenn Phänomene angesteuert werden, welche möglicherweise
den Untersuchungen diverser Kommunikations- und
Verhaltensforscher bisher entgangen sind, wäre es also
möglich, dass sie durch die Kollektoren, die in den beiden
Objekten eingerichtet sind, aufgefangen werden. So könnten
die in diesem Raum sich ereignenden Interaktionen
gesammelt und aufgezeichnet werden. Doch wer wertet sie
aus, und welche Methoden kommen dabei zum Tragen? Beide
Schirme bestehen aus Gespinsten, die aufgespannt sind und
mit Bienenwachs als Trägersubstanz beträufelt sind. Was
nicht haften bleibt, fällt ungefiltert zu Boden. Wer
erinnert sich nicht an Feste oder Zusammenkünfte, bei
denen in Flaschenhälsen steckende Kerzen abbrennen und
mehrmals nachgesteckt werden müssen. In der Aufbewahrung
solcher Relikte manifestiert sich der Wunsch, Spuren von
all den Ereignissen und Gedanken des betreffenden
Symposions möchten sich in den Tropfen und Rinnsalen aus
Wachs niedergeschlagen haben, so dass sie irgendwann durch
einen magischen Akt wieder freigesetzt, hervorgebracht und
mitteilbar gemacht werden könnten. |
Bei den beiden Objekten, die
Neu hier ausstellt, handelt es sich um eine weibliche
und um eine männliche Figur. Abgesehen davon, dass es
sich bei der Darstellung eines Paares um eine
kunsthistorische Konvention handelt, wird hier
außerdem die in der Messtechnik übliche Gegenprobe mit
einem zweiten Messinstrument gezogen. Neu spielt aber
auch darauf an, dass die Sinne beider
Geschlechter variieren, so dass die Verschiebungen
unterschiedliche Felder der Wahrnehmung abdecken. Das
zeigt er durch die den beiden Objekten zugewiesenen,
leicht veränderten Farben an. Obwohl diese Farben
generell keine symbolische Bedeutung haben, heben sie
gleichwohl und vielleicht ironisch getönt Unterschiede
hervor, die nicht notwendigerweise durch Konventionen
bestätigt werden, wogegen die leichten Höhenunter-
schiede auch auf biologische Entsprechungen anspielen. V. Berg und See – Metall und Autolack Einige Gedanken noch zum Raum: In dieser Ausstellung wird eine absolut minimalistische Konzeption des Raumes von Sonja Vohland einer Konzeption gegenüber gestellt, die das kulturhistorische Repertoire anzapft, das in Märchen, Mythen, Kunstwerken und Aberglauben jeweils anders ausgeschmückt fortlebt. Anscheinend haben beide - diametral gegenüberstehend - nichts miteinander gemein, außer dass sie hier zusammen ausgestellt sind. Es ist möglich, es so zu sehen, wie es die Wächter über Stile, Epochen und Genre gerne hätten, doch schlage ich eine Sichtweise vor, welche beide Enden eines kulturellen Achsensystems simultan im Blick hat. Dank der vorzüglichen durch Kunst und Kultur ermöglichten Gedächtnisleistung der Menschheit verfügen wir über Erinnerungen, die Jahrtausende überdauert haben. An ihre Präsenz erinnert auch Neus Aktualisierung eines okkulten Grabmals im Keller. Aus dem reichhaltigen Stoff, der in den unterirdischen Ausstellungsräumen hier |
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