Aus
dem reichhaltigen Stoff, der in den unterirdischen
Ausstellungsräumen hier im Keller entfaltet worden
ist, möchte ich gegen Ende meiner Ausführungen
wenigstens zwei Details herausstellen, die auf einer
Collage zusammengefasst worden sind: Berg und See. Der Berg mit den Gängen, die Bergleute in die Erde gegraben oder in den Fels getrieben haben, ist das Symbol der Erde, des Lebens und der unterirdischen Räume in einem Körper. Die der Installation im Keller beigefügte Collage zeigt, dass eines vom anderen abhängig ist und deshalb gibt es eine Verbindung, die durch eine Achse dargestellt ist. Sie durchquert den Berg mit seinen Stollen und weist in den Himmel oder das All. Sie ist essentiell für die Kontaktaufnahme zwischen lebender und toter Materie, zwischen Erdkörper und Biosphäre sowie zwischen dem Unterirdischen und Oberirdischen. Die Sichtachse ist eine Abstraktion, so wie die metallische Membran, die das Video von Vohland zeigt, sie schwingt auf einem Sockel, der Basis und löst sich durch die Schwingung im Immateriellen auf, wo sie einen variablen temporären Raum beschreibt. Unterhalb des Berges ist ein See als Spiegel der Seele wiedergegeben, der jedem Einzelnen Selbster- kenntnis im Bezug auf die kosmischen Zusammenhänge ermöglicht. All diese Elemente sind auch im Auto enthalten. Vorrangig ist Metall und Kunststoff zu erwähnen, deren Grundstoffe als Erz und Erdöl aus dem Erdinneren gefördert wurden. Aus ihnen besteht die Karosserie, welche die Passagiere während der Fahrt umschließt; parallel dazu sind im Motorblock die Brennräume eingeschlossen, in denen die kinetische Energie für die Fortbewegung erzeugt wird. Beide Räume können in Analogie zu den Grabkammern verstanden werden: Während in der Fahrzeugkabine die biologische Fortbewegung durch Gehen oder Laufen zum Stillstand gebracht wird, werden im Motor- block fossile Kohlenwasserstoffe mit Luft zusammen gezwungen, um chemisch zu reagieren. |
Außerdem
hat das Auto Achsen zwischen den Rädern und es
hat eine Lenksäule,
die, wie 1909 der Gründer des Futurismus Filippo
Tommaso Marinetti bemerkte, den Wagen und den Fahrer
imaginär durchschneidet 5,
womit eine phänomenologisch deskriptive Entsprechung
zur metallischen Membran oder Sichtachse zwischen dem
Okkulten des Motorraums und der darum herum
existierenden Welt der Benutzer der Bewegungsenergie
gegeben wäre. Ein Übriges ist durch die diversen
Öffnungen wie Einfüllstutzen, Lufteinlasshutze und
Ölablassöffnung vorgegeben, die das Fahrzeug-innere
und seine funktionierenden Teile mit dem Außenraum
verbinden, so wie ein hermetisches System nur
scheinbar geschlossen ist, weil es mit dem Kosmos
verbunden ist. Auf diese Weise können die
Rohrleitungen, die das Auto als Belüftungs-, Ansaug-
und Auspuffrohre durchziehen, in Analogie zu den
Bergwerksstollen gesehen werden. Eine weitere Rolle
spielen die Scheinwerfer, die eine Verbindung mit dem
Hier und Jetzt und der Ferne herzustellen, die im
Laufe der technischen Weiterentwicklung durch weitere
Ausstattungen wie Radioantennen ergänzt wurden,
während heute GPS eine konkrete Beziehung zu den im
Weltall kreisenden Satelliten ermöglichen. Auch die
Darstellung des Sees als Spiegel der Seele findet eine
Entsprechung am Automobil. Dort gibt es Kühlwasser,
Bremsflüssigkeit, einen Ölsumpf und einen
Treibstofftank, die jedoch nicht einsehbar sind.
Dagegen ist die blanke Oberfläche auf der ganzen
Karosserie verteilt, die mit einer hochglänzenden
Lackschicht überzogen ist und generell von den meisten
Autobesitzern wie ein Fetisch gereinigt und gepflegt
wird, damit dieser Spiegel dauerhaft scheinen möge. VI. Der Siebente Sinn Das Projekt INTER beabsichtigt, die komplexen Beziehungen zwischen den Sinnen zu erforschen. Deshalb zum Schluss noch ein paar Sätzen, die verallgemeinernd andeuten sollen, in welcher Beziehungen wir durch Technologie mit der Geschichte des Okkulten, mit der Vorgeschichte unserer Gattung und mit diversen Glaubensvorstellungen stehen. Auf diese Ebene müssen wir vorstoßen, um die enorme Faszination und Emotionalität, die mit |
Vernissage |
back
next |
HamburgerArchitekturSommer2009 architektursommer.de |
5 "Ich streckte mich in meinem Wagen wie ein Leichnam in
der Bahre aus,
aber sogleich erwachte ich zu neuem Leben unter dem
Steuerrad, das wie
eine Guillotine meinen Magen bedrohte." Gründung und
Manifest des
Futurismus, Le Figaro 11. Feb. 1909, dt. Christa
Baumgart, in: dies.:
Geschichte des Futurismus, Reinbek 1966, S. 24 |
Gefördert von der Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg und Bezirksamt Wandsbek |