GANGARTEN:
03.08.2012
Verdichtung des Jahresprogrammes  Schalten und Walten  des EINSTELLUNGSRAUM e.V.


Foto Christine Biehler

Der Körper ist stets aktiver Teil der Situation: Durch den Körpereinsatz kann keine sichere Distanz genommen werden, Hand- und Kopfarbeit gehen zusammen und neben der kognitiven Erkenntnis wird auch die leibliche wichtig. Die Bootsführer erfahren den eigenen Leib als Material und können recht unaufwändig und in ganz wortwörtlichem Sinne im Handeln Stellung beziehen.

 

Dabei ist die Stellung des Flößers eine besondere: Er steht gleichsam auf dem Wasser und bildet, verstärkt durch die Schalte, die Vertikale auf der horizontalen Wasseroberfläche. Vertikale und Horizontale durchkreuzen sich auf einer kleiner exponierten Fläche.

Vertikale und Horizontale waren nie nur einfache Richtungen nach oben und unten, nah und fern, sondern die Richtungen im Raum bringen innere und äußere Bewegungen zum Ausdruck. Da ist die Vertikale, der aufrechte Körper, der Einzelne, singulär, der an einer Stelle einsticht, gräbt, einen Haltepunkt findet und andere setzt. Man sagt, vertikales Denken konzentriert sich auf einen bestimmten Bereich, hat eine gut definierte Basis und geht tief. Es überrascht nicht, dass es oft Spannungen in einer vertikalen Linie gibt, die kämpfen muss, um sich aufrecht zu halten. Die Horizontale dagegen ist der liegende entspannte Körper, die Landschaft, die Wasseroberfläche, darauf ist alles gleich, keines besser als das andere. Das Denken ist nicht an den bekannten Grund geknüpft, sondern fließt, der Geist ist offen. Die Horizontale erlaubt Bewegung, neue Verbindungen, stete Neuanfänge.

Flößer, wie auch im Symbol des Kreuzes verdichtet, stehen genau am Schnittpunkt der horizontalen Linie - der Erde - und der vertikalen Linie – des Himmels.

 

In einer guten Performance sind beim "Schalten" die Richtungen und Denkweisen ausge-glichen und bilden am Treffpunkt der Achsen einen Ort von Interesse in der unmittelbaren Gegenwart.

 

Christine Biehler, 2012
Christine Biehler: (≈≈≈) Flš§e II 2009   |  Foto: Christine Biehler
Fotos der Veranstaltung Ina Schlafke
Auszug aus dem Konzept 03.08.12

Grob gesagt, denken wir dabei an die Wechsel zwischen Schritt, Trab und Galopp der Pferde, die dann den Gängen im Auto oder anderen Fahrzeugen den Namen gaben.

Alle diese Bewegungen, Gangwechsel und die damit verbundene Aufmerksamkeit und Kommunikation, greifen in die "Verkehrsflüsse" ein und bewirken Beschleunigungen und Verlangsamungen bis hin zum Kollaps durch Unfall oder Stau.
Die Aufmerksamkeit, die die Entscheidungen für die Gangwechsel bedingen, ist ja nicht mehr nur vom Gelände und dem Zustand der Straße abhängig, sondern in der Stadt auch von der Beobachtung, d.h. Beurteilung eines sehr komplexen Verkehrsgeschehens, in das sich Menschen, Eigenschaften und Temperamenten entsprechend einschalten.
(...)
Wie orientieren sich Menschen in der Stadt? Wie geschieht das Schalten im eigenen Kopf, das dann (auf welche Weise?) zum ,richtigen' Schalten im Auto führt? "Welche sensorischen und kognitiven Fähigkeiten benštigen wir dafür?" (...)
Die Urform der "Schalte", jener Stab, mit dem der Fährmann das Boot dirigiert, kehrt in abgewandelter Form in allen technischen Weiterentwicklungen von Schaltelementen wieder: Bei der Aufreihung der Zahnräder greift der Stab, der über dem Getriebe liegt, immer das entsprechende Zahnrad heraus, um die gewünschte Kombination aus Geschwindigkeit, Gelände/Kraftaufwand zu realisieren. .... Das Formenrepertoir ähnelt sich. Wie kommen diese Modifikationen zustande?


Elke Suhr, unter Verwendung der Protokolle der Vorstandssitzungen des EINSTELLUNGSRAUM e.V., 2012
 
Gefšrdert von der Kulturbehšrde der Freien und Hansestadt Hamburg und Bezirk Wandsbek
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