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EINSTELLUNGSRAUM e.V.
KUNST IM STRASSENVERKEHR
Verein zur Vermittlung von Projekten
zwischen Autofahrern u. Fußgängern
www.einstellungsraum.de

Hamburg, September 2010


Der EINSTELLUNGSRAUM e.V. ist eine Initiative von Künstlerinnen und Künstlern, die es sich zum Ziel gesetzt haben, eine interessierte Öffentlichkeit über die Kunst und Kultur der Gegenwart zu informieren. Im Besonderen widmet sich der Verein dem Thema der Automobilität und sucht deren Phänomene zu ergründen.
2004 war der Viertaktmotor in der Version seines Erfinders Nikolaus August Otto das Jahresthema. Das Jahresprojekt 2005 thematisierte den Begriff des Paradieses in Relation zum Automobil, 2006 das STEUERN UND LENKEN in Relation zu persönlichen und sachlichen Ressourcen im morphogenetischen Feld, 2007 ging es um den SCHEIN, 2008 um das BREMSEN, 2009 Shared Space, 2010 HYBRID.
Der EINSTELLUNGSRAUM e.V. möchte 2011 seine Arbeit fortsetzen, indem er wieder alle Ausstellungen und Aktionen unter ein Thema stellt.
Es sind 10 Ausstellungen bzw. Aktionen geplant, ergänzt durch eine Theorie-Tagung bzw. Performances.


Autos fahren keine Treppen

Autos sind nicht zur Überwindung von Treppen erfunden worden. Vielmehr war die Steigung, bzw. das Gefälle, des zu befahrenden Geländes eine höchst problematische Ausnahmesituation für den ersten Automobilisten. Die horizontale war der schiefen Ebene vorzuziehen, schon von der Möglichkeit her, Geschwindigkeitsräusche zu erleben. Mancher- orts wurden und werden immer noch Höhenunterschiede durch weiträumige, insofern umwegige, Straßenschleifen bewältigt.

Warum und wozu überhaupt noch Treppen?

Stufe um Stufe hinaufzusteigen, sei es auf einer schmalen Wendeltreppe zu einer Aussichtsplattform oder kleinschrittig über den roten Teppich einer breiten Freitreppe, ist eine Handlung menschlicher Körper, die das Erlebnis überwundener Schwerkraft schafft. Dieses geht dem Automobilisten verloren, wenn er mithilfe seiner Maschine in der Höhe den Überblick über seine aktuelle Situation gewinnt.

Wir Menschen haben das Oben schon immer zum Ziel erklärt. Seit der römischen Antike z.B. wird die Phantasie bewegt von der Fiktion einer idealen Landschaft im Gebirge, bestimmt von Muße und Harmonie. Der Dichter Vergil gab dazu den Anlass. Das Licht aufklärender Denkwelt (Kant) beleuchtet Gratwanderungen in anderen Höhen.
Frage ist, wie uns der Zugewinn an eigener Übersicht erreichbar wird. Sind dafür Stufen als Potenzierung eines schmalen Grundriss’, sozusagen des bisherigen Standpunktes, wirklich conditio sine qua non, oder geht es um die Klarheit hinter unserem Schatten? Brauchen wir dafür Selbsterfahrung über Stufen?


Die „Himmelsleiter“, über die die Engel zu Jakob hernieder und wieder nach oben stiegen, hat viele Sprossen (Gen.28,10). Jakob, der Sohn Isaaks, ist diese Leiter/Treppe nicht selber hinaufgestiegen. Die Treppe kam gleichsam zu ihm. Sie ist ihm während einer Lebenskrise im Traum - also als er im Ruhezustand war - erschienen.

Mit Aufkommen der Industrialisierung ist "höher und weiter" an die Leistung des Verbrennungsmotor in der dreidimensionalen  Stofflichkeit gebunden.
In Nikolaus August Ottos so genanntem atmosphärischen Flugkolbenmotor, der Vorform des modernen Ottomotor, fällt der Kolben im Zylinder nach jeder Explosion des Gasgemisches immer wieder nach unten, worauf er durch das Zusammenwirken von Vakuum und erneuter Explosion sogleich wieder rasselnd entlang einer Zahnstange nach oben geschleudert wird.  Das uralte „Stirb und Werde“ im menschlichen Entwicklungsprozess wird insofern (auch in den modernen Motoren) mechanisiert. Der Kolben wird sich dieses Vorganges nicht bewusst. Solange die seelenlose Maschine nicht verschlissen ist, erzeugt sie die Illusion eines unerschöpflichen Energiepontentials.
Interessanterweise gibt es eine alte alchemistische Zeichnung von Thomas Norton, die in der Struktur dem ersten Flugkolbenmotor sehr ähnlich ist. Die Gegenüberstellung der Struktur des ersten Motors und dieser Zeichnung hat zur Gründung des EINSTELLUNGSRAUM geführt.
In 2011 besteht der EINSTELLUNGSRAUM 10 Jahre. Wir möchten zum Jubiläum auf diesen Ansatz zurückkommen, da wir der Ansicht sind, dass es zur bezeichneten Divergenz noch einiges zu bemerken gibt.
Wir hatten in 2004 das Interesse auf dem "Viertaktmotor" konzentriert.

Es geht uns nun um Zeichen für eine - immer wieder neu zu verhandelnde - Balance zwischen vertikaler Entfaltung (Üben, Askese) und vorwärts drängender Mobilität auf der Schnittstelle, wo sich horizontale und vertikale Richtung entscheiden. Was muss da zusammenkommen, damit nicht eine Richtung dominiert?

Wir laden Künstler und Künstlerinnen, die sich mit diesem Gegensatz von Maschine und „innerem Weg“ auseinander setzen möchten, ein, uns bitte bis zum 11.10.10 einen Konzeptentwurf zuzuschicken mit Vita und 2-3 Arbeitsbeispielen.

Per E-Mail an info@einstellungsraum.de,
oder per Post an:

EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Wandsbeker Chaussee 11
22089 Hamburg

Für den Vorstand
Elke Suhr
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