künstlerischen Bereich übersetzt. Ähnlich wie Aby Warburg in seinem Bilderatlas Bildmuster erkennt, die als Pathosformel über die Zeiten tradiert werden oder C. G. Jung die Archetypen für die Psyche findet, sieht sie gemeinsame verschüttet und verloren gegangene Denkmuster, die sie aufdecken und mit denen sie auf die Existenz andere Welten verweisen will.

Hier im oberirdischen Labor sehen wir eine Installation von Llaura I. Sünner, die sich vom Gedankenfluss in Daimlers Tagebüchern inspirieren ließ.  Sie schuf eine plastisch augenfällige stoffliche Umsetzung dessen, was dieser im Geiste konzipierte. 41 Silberobjekte perlen an einem Faden herab.  Gedanken verdichten sich, werden körperlich und zu Silberobjekten geformt.  Sie verleiht ihnen durch diese edle Verarbeitung eine kostbare Gestalt, sie versilbert, veredelt, nobilitiert die Ideen des Erfinders.  Silber nahm in der Hierarchie der Metallurgie ehedem den zweit höchsten Rang ein.
Es besitzt aber gerade auch zudem eine gute Leitfä- higkeit. Die Künstlerin paart diesen Gedankenfluss mit dem Element Wasser, dem existentiellen, elementaren Urgrund des Lebens:  "panta rhei - alles fließt".  Es kommt aus der Erde, verwandelt sich in verschiedene Aggregatzustände und fließt dahin wieder zurück.  Wasser hat keine feste Gestalt, ist formlos, es formt aber. Ähnlich einem Strom fließen die Gedanken beständig hin und her, manche Gedanken kommen an, Tropfen werden hörbar, die Gedanken schlagen auf, sie treten in die Außenwelt.  Mancher Gedanke aber wird zur wilden Idee, bleibt nicht in der Stromlinie, sondern vollführt Sprünge, schweift ab, geht daneben, erreicht nicht das Ziel.  Manchmal gibt es auch mehrere Wege und Lösungen.

"Wenn ich wie so oft ganz auf mich selbst gestellt und heiter gestimmt bin - auf der Reise in einer Droschke, nach einer guten Mahlzeit oder des Nachts, wenn ich nicht schlafen kann, dann fließen die Einfälle am besten und in Überfülle."
Mozart schrieb in einem Brief über den Ideenfluss, dass drei Umstände für Ihn die Intuition begünstigten: Fahrten über Land, einsame Spaziergänge und der Aufenthalt im Bett. me Spaziergänge und der Aufenthalt im Bett.
In einer Sphäre zwischen Traum und Wachen, die ihrer intuitiven Herangehensweise entgegen kommt, findet auch Irmgard Gottschlich den kreativen Moment.  Die Künstlerin präsentiert hier eine dreiteilige tryptichonartige Installation, auf der sich eine phantasievolle Bilder- zählung entfaltet.  Sie besteht aus hängenden Gästebetten, deren Laken in nur zwei Farben gestaltet sind: Zwei Objekte in unterschied- lichen Blautönen, eines in Signalrot mit Wachsmalstiften  in grisaille-artiger Manier gezeichnet.  Steht die Farbe Blau nicht nur für die Traumwelt der Nacht, sondern auch für den geistigen Raum und die Transzendenz sowie für das Element der Luft und die Imagination, so steht das Signalrot unter anderem für das Feuer, das Triebhafte und Lebendige.

Was bedeutet dieser Ort für die Künstlerin? Das Bettgestell, ein Gästebett mit Rädern, mutiert bei ihr vom Zeichnungsträger zum Objekt.  Es wird zum Ausdrucksträger des Lebens und trägt in sich verschiedene Bedeutungsebenen.  Hier breitet sie das gesamte Le- ben, auf die Laken gebannt, zwischen Geburt, Eros und Thanatos in all seinen Facetten aus.  Für Irmgard  Gottschlich ist das Bett eine Art Insel, nicht nur wie für Jean Paul im "Schulmeisterlein Wuz" der letzte Zufluchtsort, sondern der Ort der Imagination, der Ideen, der Träume.  Bei ihr deutet das Gästebett mit Rädern aber auch darauf hin, dass sie nicht verortet ist, sich immer in Bewegung und auf dem Weg befindet.
Ihr technisches Medium ist die Zeichnung als unmittel- barste Form zur Umsetzung ihrer Ideen.  Wie bei der écriture automatique transportiert diese ihren Erzählfluss und kommt den malerisch gezeichneten Bildge- schichten entgegen.  Zeitlos und auf der Bildebene ohne hierarchische Ausrichtung bewegen sich die Figuren im Raum.

Um welche Bettgeschichten handelt es sich?
Eine Mischwelt zwischen Mensch, Tier, Pflanze und Technik -diese in Form von Daimlers Motorskizzen- taucht auf.  Sie befindet sich in einer Art paradiesischem Urzustand, in dem auch Wildes und Dämonisches im Einklang lebt, in dem ein Wechsel von der einen in die andere Natur, noch möglich ist, in dem keine Entfremdung existiert.  Dieser ganzheitliche Anspruch, die Natursehnsucht birgt in sich ein noch fast
 

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