einer
Diskokugelminiatur mit einer Rehbockstange
durchaus einen Bezug zum profanen
Initiationsritual bei einem Discobesuch oder zum
„Hörner- abstoßen“ nahe legen. Generationen von
Künstlern haben sich in Land- schaften aufgehalten
und darüber in den kanonisierten Formen wie der
Zeichnung, dem Gemälde, der Schilderung, der
Erzählung, dem Gedicht, der Symphonie oder dem
Fotos ein Zeugnis abgelegt. Heute liegen dagegen
Abbildungen von Landschaften durch die
Verfügbarkeit verschiedener Medien massenhaft vor,
so dass Landschaftsdarstellungen in der Kunst nur
eine von vielen möglichen Varianten sind. Die
Installation - im EINSTELLUNGSRAUM war sie in
Verbindung mit zwei Performance zu erleben - wird
im Kontext mit Live Art zu einem praktizierbaren
Inventar von Handlungen und Erfahrung in
anthropologischen Zusammenhängen. Dort, wo
Sprechen und Handlung mit Objekten und Fotos in
Verbindung gebracht wird, verschwindet die
Landschaft als selbständige Kunstgattung.
Stattdessen werden die darin eingeschlossenen
Erlebnisse auf einer nicht-linearen Zeitebene
aktiviert. Man könnte sie Ritual nennen; denn es
verbindet das Objekt mit dem „Lebensbegriffen“ und
erst dadurch kann es ein sakrales oder beseeltes
Objekt sein. Beuys sieht seine Aktionen auf einen
„anderen Zeitbegriff und auf einen weitergehenden
Raum bezogen ... das ist eine Lebenszeit,
biographische Zeit, Schicksalszeit oder auch Zeit,
bevor ein Mensch geboren wird oder nachdem er
stirbt. Also alles Kategorien von Wirklichkeit,
die in diesem metrischen physikalischen
Zeitbegriff ja nicht drin enthalten sind. Es sind
also Lebensbegriffe darin enthalten und keine
mechanische Zeit2.“
II. Beteiligung statt Triumph Unauflösbare archaische Reste Als Land-Art bekannt sind Arbeiten von Richard Long, der sich auf der Basis von Konzepten durch die Landschaft bewegt hat. Er hat das Lineare betont, das ja eine kartografische Abstraktion zurückgelegter Wege ist, aber den Vorteil hat, maßstäblich darstellbar zu sein und der Anschauung zu dienen. |
Die
Komplexität der synästhetischen Eindrücke von
Vegetation, Infrastruktur,
Landschaftsformationen, Siedlungen sowie die
Begegnungen mit Menschen, Tieren und
Gegenständen kann dadurch allerdings nicht
annähernd erfasst werden. Wohl aber wird durch
Longs minimalistischen Installationen aus in
Flüssen glatt geriebenen Ästen, sowie von Bruch-
oder Flusssteinen eine Vorstellung von Kunst
bedient, die museale Anerkennung findet. Daneben
sind Fotos, Videos und das Sammeln von
Gegenständen Hilfsmittel, die auch publiziert
werden können. Hier knüpfen die Künstler der
Gegenwart an einer Tradition mit schriftliche
Aufzeich- nungen (Reiseberichte und -tagebücher)
und Zeichnungen an, die ein Gegenentwurf zum
Linearen einer zweckmäßig zurückgelegten
Wegstrecke sind. Dieser wird durch Aufzeichnen
der Eindrücke, Beobachtungen,
Selbstbeobachtungen und Mutmaßungen
hervorgehoben.
Auch bei Burmester ist die Auseinandersetzung mit der Ideallinie der Wegstrecke, die ihm sein GPS-Gerät jeweils als Richtungspfeil vorgegeben hat, als Orientierungsmarke wesentlich. Da diese abstrakte messtech- nische Vorgabe kaum einzuhalten ist, hat er die Abweichung zum Gegen- stand der Betrachtung gemacht. Die Wegstrecke wird zur Anhäufung von Abschweifungen, mit denen sich der Wandernde auseinander zu setzen hat. Von den Alltagszwängen abgekoppelt, werden die messtechnischen Vorgaben zunehmend beiläufig. Dass im ersten Drittel der Strecke eine Etappe nicht aufgezeichnet wurde, kann als Merkmal der im Lauf der Strecke einsetzenden Veränderungen gesehenen werden, die dazu beige- tragen haben könnte, die technischen Ausstattung zu relativieren und die ursprünglichen Funktion der eigenen sinnlichen Ausstattung zu schärfen. Die Abstraktion der linearen Vorgabe durch GPS polarisierte die Instinkte und die unumgängliche Abweichung von der Ideallinie führte oftmals auch in die Irre, wodurch die geistige und imaginäre Tätigkeit stark angeregt wur- de, so dass Gefühle des Ausgesetztseins und der Angst hervortraten. Die Oszillation der irregulären Wegstrecke erinnert deshalb auch an eine Fieberkurve. Burmester benutzt die mitgeführten, gefundenen und gekauften Objekte als |
2 Tom Molenaars: Joseph Beuys: ae acties in de jaren ´60. Unveröffentliche Diss. Nijmwegen 1982. S. 30. Zit. nach: Schneede, Uwe M.: Joseph Beuys. Die Aktionen. Ostfildern-Ruit 1994, S. 16. | |
Performanz 03.02.2011
|
Performanz 25.02.2011 |
back |
next |
Die
01. Ausstellung im Jahresprojekt Autos fahren keine
Treppen des EINSTELLUNGSRAUM
e.V. |
|
Gefördert von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg |