Johannes Lothar
Schröder Vom Betreten der Landschaft in Zeiten der Zwei-Punkt-Nullung1 zur Ausstellung und den Performances "Umwege auf der Luftlinie" von Jörn Burmester I. Verschwundene Landschaft Negative Trophäen aus undefiniertem Gelände Zur Präsentation der „Umwege auf der Luftlinie“ setzt Jörn Burmester ver- schiedene Mittel ein. Fundstücke, Dekorationsartikel und Spielzeug vereint er in Vitrinen zu Assemblagen. Ein drei Meter langer Ausdruck gibt die nackte Linie seiner Wanderung wieder; auf weißem Spezialpapier oszilliert sie um einen horizontal gespannten roten Faden, der die Ideallinie reprä- sentiert. Diese wird im Raum durch eine Schnur gekreuzt, an der das Geweih eines Rehbocks hängt und mit einer Thermoskanne als Gegenge- wicht in der Höhe gehalten wird. Eine Auswahl der mitgeführten Gegen- stände ist in wiederverschließbaren Plastiktüten der Reihe nach aufgestellt; darunter das GPS-Gerät, das seinen tatsächlich gelaufenen Weg aufge- zeichnet und ihm unterwegs den Richtungspfeil nach Berlin gezeigt hat. Vitrinen sollen die Objekte vor dem Zugriff des Publikums schützen. Bei Burmester blicken wir jedoch in von oben und an je einer Seite offene Schaubehälter, die anders als museale Präsentationen mit poetischen Arrangements gefüllt sind und von den bei der Altbausanierung anfallenden Fensterflügeln mehr flankiert als tatsächlich eingeschlossen werden. Außerdem bewegen sich darin kinetische Objekte. Im Schaukasten am Fenster hüpft ein mechanischer weißer Hase von kurzen Pausen |
unterbrochen,
in denen er mit einem raspelnden Motorgeräusch
schnup- pert, gegen Scheiben, Rahmung und diese
flankierende Birkenäste an. In der anderen
Vitrine dreht sich ein Stein und eine
abgeworfene Stange eines Rehbocks, hinter denen
man durch die zur Wand hin offene Vitrine auf
das Bild von einem sich umblickenden Rehbock
schaut. Darunter liegt das auf- geschlagene
Tagebuch der Wanderung, das an jedem
Ausstellungstag um- geblättert wird. In den
Schaukästen mischen sich also authentische Doku-
mente der Wanderung mit Kinderspielzeug,
Fundstücken und Kitsch. Die Vielzahl der Objekte
mit Reliktcharakter lässt die Betrachter
vergessen, dass die Information über die
Wegstrecke jede kartografische Information über
die Landschaft, Orte, Straßen etc. ausgespart.
Stattdessen ist auf einer Doppelseite pro Tag in
dem mit jedem Ausstellungstag umzublät- ternden
Tagebuch der Zeitabschnitt der Wanderung von
Felde bei Kiel nach Berlin schriftlich
wiedergegeben. Eine Mappe mit Fotos der
Ortsschildern der gekreuzten oder gestreiften
Ortschaften liegt auf einem Sockel.
Wir haben hier ein zu einem Environment zusammengestelltes Inventar der Wanderung vor uns, das durch eine Betrachtung erarbeitet werden muss. Bedeutsam ist auch, dass die in den Vitrinen präsentierten Objekte nicht Teile einer Überwältigungsrhetorik beinhalten, sondern ihr Wert durch den Kontext bewusst heruntergespielt wird. Hier hängt also nicht das Geweih eines 12-Enders, sondern unter einer funkelnden Minidiscokugel baumelt die abgeworfene Stange eines jungen Rehbocks, weshalb man von einer negativen Trophäe sprechen kann. Seitdem die Dadaisten Fundstücke und billiges Alltagsmaterial in den Kunstkontext eingeschleust haben, ist der Ewigkeitsanspruch von Kunstwerken obsolet geworden. Dafür wird die aktuelle Präsentation immer wichtiger; denn die Herausforderung liegt darin, das Verhältnis von Objekten zu ephemeren Ereignissen vorzustellen. Hier geht es darum, das Besondere einer intensiven Begegnung mit Landschaft, also der heutigen Kulturlandschaft, zu bestimmen und mitzuteilen. Hier kann die Begegnung |
1 „Landschaft 2.0“ hieß ein Ausstellungsprojekt
des Edith-Ruß-Haus für Medienkunst in Oldenburg und
des Kunstvereins Sprinhornhof in Neuenkirchen vom 29.
Aug. – 15. Nov. 2009, das von Sabine Himmelsbach und
Bettina von Dziembowski kuratiert worden ist.
(Katalog) |
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Performanz 03.02.2011
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Performanz 25.02.2011 |
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Die
01. Ausstellung im Jahresprojekt Autos fahren keine
Treppen des EINSTELLUNGSRAUM
e.V. |
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