aussetzen
müsste, eine
Skulptur naturalistisch wiederzugeben, geschweige denn
ein Gesicht,
eine Hand oder einen Körper zu hauen, wenn die
Vorlagen als
Versatzstücke schon vorhanden sind und durch Abgüsse
reproduziert
werden können. Das wäre der Stand der
kunstgeschichtlichen Entwicklung
seit dem Klassizismus. Heute stellt sich die
Entwicklung dank moderner
Materialien wiederum anders. Nicht erst seit George
Segal werden
handwerkliche und industrielle Materialien kombiniert,
doch erzeugen
seine rohen gipsweißen Figuren besonders in Verbindung
mit den intimen
Situationen eine emotionale Wirkungen, die eine neue
Ästhetik der
Figuration etabliert hat. Einen Nachhall davon erfährt
man beim
Betrachten des plastischen Werks von Yvonne Wahl. Ihre
Verwendung von
seriellen Industrieprodukten wie dem Vollvisierhelm in
Kombination mit
Plastiken aus Gips und Epoxidharz weist eine weitere
Besonderheit auf:
Die plastische Synthese von Gießen, Hauen und
Schleifen eines
Vollvisierhelms aus Gips zeigt auch eine Durchbrechung
von sinnlichen
Selbstverständlichkeiten; denn hier repräsentiert der
Gips keinen
Körper, sondern einen Hohlraum, der von einem
transparenten anderen
plastischen Material umschlossen wird. Die
Durchsichtigkeit des
Hohlkörpers wird durch diese Wiedergabe in sein
Gegenteil verkehrt, was
nicht der Absurdität entbehrt, weil sie durch eine
vermeintlichen
Mimesis des Objektes hervorgerufen wird. Diese erfährt
wiederum eine
Aufhebung durch die Gravur der Typo- graphie, die
einerseits eine
Rechtfertigung des Verfahrens begründen würde, doch
zugleich eine
Verdrehung der materiellen Voraussetzungen bedeutet.
Wer sich die Arbeiten von Jeff Koons, Ron Mück und Paul McCarthy vergegenwärtigt, bemerkt, dass die Bildniskunst der Gegenwart einen direkten Bezug zu industriellen Formungsprozessen zu tun hat. Hier ist die Imitation von echt erscheinender Haut inklusive ihrer Behaarung möglich oder Menschen sowie ihre sichtbaren Oberflächen werden für bestimmte Verwendungen im Film in der Special-Effects-Industrie in Hollywood nachempfunden. Nicht zufällig hat sich Yvonne Wahl mit McCarthy an der University of California in Los Angeles einen Lehrer ausgesucht, der sich von der Performance kommend, dem Bau von Installationen zugewandt hat, in dem neben menschlichen Akteuren zunehmend auch Plastiken von Menschen und Roboter eingesetzt werden, die automatische Bühnenspektakel erzeugen. Mike Kelley hat den Aspekt des "Unheimlichen", den |
Sigmund Freud in seinem
berühmten Aufsatz untersucht hat, auf die Arsenale der
Filmstudios
bezogen.3 Dabei hat er
sich allerdings eher auf die mechanischen
Aspekte eingelassen, die Freud im Bezug auf die
Wirkung der lebensgroße
mechanischen Puppe in der Erzählung "Der Sandmann" von
E.T.A. Hoffmann
untersucht hat, und nicht so sehr auf die Wiederkehr
des Identischen,
die den Menschen veranlasst, in der Wiederholung etwas
Vorbestimmtes
oder von Außen Gesteuertes zu erblicken.
Aus dem Erdloch in die Luft Das Schwere und das Leichte Wahl lässt die Figuren der "Looser" von projizierten Fotos überstrahlen, die sie während der Fahrt in Megastädten wie N.Y., L.A. oder Bejing aufgenommen hat. Sie setzt also Bilder des Flüchtigen, ja Immateriellen ein, was durch die Beamer-Projektion der digitalen Datensätze unterstrichen wird. Die zeilenweise Bildauflösung erzeugt in Verbindung mit den kontrastreichen Lichtkaskaden der Fotos und der Zoomeinstellung ein Flimmern, das die Stadtansicht zu einer Fata Morgana macht. Als Verbildlichung sprichwörtlicher "heißer Luft" werden Stadtansichten, die über den vier Objekten schweben, zu einer vagen Erscheinung. Die Schwere der auf dem Boden gefangenen Objekte tritt um so drastischer zutage, denn sie wirken im dunklen Zentrum wie die Gäste im finsteren Mittelpunkt eines Panoptikums. Der Blick von den Bergen in die Niederungen hat die Menschen von jeher begeistert. Um nicht Berge erklimmen zu müssen, hat man sich wohl schon ebenso lange Gedanken über das Fliegen gemacht. Definitiv ist das durch Schamanismus und Mythen wie die Sage des Dädalus überliefert, in der davon berichtet wird, dass er mit seinem Sohn Ikarus Flugapparate baute und fliegen gelernt hat. Hier kommt interessanterweise schon zusammen wovon ich spreche; denn Dädalus war Metallurg und erfand damals auf Kreta den Guss mit der verlorenen Form. Die Prozedur beginnt mit der Herstellung eine Figur aus Lehm oder Ton. Eine Hohlform wird davon abgenommen und zu einem Gefäß zusammengefügt. Dieses wird mit Metall ausgegossen. Nach dem Erkalten wird die Hohlform abgeschlagen und dadurch zerstört: sie ist "verloren". Das Bemerkenswerte an diesem Mythos ist, dass hier die Ermöglichung des Leichten, also die Verwendung von Federn zum Bau von |
3 Kelley, Mike: The Uncanny. Anaheim 1993 | |
Die
02. Ausstellung im Jahresprojekt Autos fahren keine
Treppen des EINSTELLUNGSRAUM
e.V. |
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