sind. Doch die ergonomische Gestaltung eines hochgebirgstauglichen Rucksacks fehlt. Das Behältnis, das sich der abenteuerwillige Suchende auf den Rücken schnallt, besteht nicht aus dauerhaftem Nylon oder anderen Kunstfasern, sondern aus einem feinen Seidengespinnst, das kaum gestattet, mehr zu tragen, als die Luft, die es umhüllt.

Im harten Kontrast dazu sind die Gurte des Tragegeschirrs von flachen, schweren Keramikröhren umgeben, die an Rippen und Knochenwirbel erinnern. Sie verweisen nicht nur auf die Körperlichkeit, sondern auch auf die Sterblichkeit des Menschen. Der Seidenkokon auf dem Rücken kann hingegen als etwas Körperloses, Jenseitiges gedeutet werden.
Trägt man ein solches Geschirr auf dem Rücken, merkt man sehr wohl dessen Last, nicht aber, was es eigentlich tragen soll, denn der Kokon ist dem Blick des Trägers entrückt und sein Gewicht nicht spürbar.

Im buddhistischen Zusammenhang könnte man den Kokon deuten als das Unsichtbare, das wir mit uns tragen; als die Summe von Karma und Samskara, die nach dem Ableben des fleischgewordenen Ichs zu einer neuen Inkarnation führen, oder auch als Buddhanatur, die in uns schlummert und darauf wartet, auszuschlüpfen.
Wie auch immer es zu lesen ist, eines wird deutlich: wohin wir uns auch bewegen, ob auf die Zugspitze, den Nanga Parbat, den Kalasch oder den Sülberg, es ändert nichts an der Konstellation, in der wir uns befinden.
Unser Ich, das wir als körperliche Last mit uns herumschleppen, bleibt sterblich und zerbrechlich wie Porzellan. Und wo wir auch hingehen tragen wir immer die Saat des Zukünftigen mit uns.

Auch das dritte Objekt Portable Divine Protection lehnt sich an das Aussehen von Outdoor-Equipment an: ein massives Tragegestell mit den bereits erwähnten Klickschnallen, an dem statt eines Rucksacks sechs Arme befestigt sind, die das Abhayaprada-Mudra zeigen, eine Geste, die für Schutz, Angstlosigkeit und Glück-seligkeit steht.
Spätestens hier kommt der Humor ins Spiel, der in der buddhistischen Praxis, vor allem im Zen-Buddhismus, ein wichtiges Lehrmittel ist, um verhärtete Denkstrukturen und Anhaftungen zu durchbrechen.

Das Objekt, die schwere Konstruktion, die impliziert, der Mensch sei schutzbedürftig, spiegelt die Angst wieder, die am Anfang der Suche stehen kann, den Respekt vor der seelischen Herausforderung, die Bemühungen, sich für bevorstehende Aufgabe ausreichend zu wappnen, und die Antizipation, eine beschwerliche Reise auf sich zu nehmen.
Doch zugleich wird klar, wie unmöglich es bereits wäre, mit der Portable Divine Protection auch nur U-Bahn zu fahren, geschweige denn, einen Berg zu besteigen.
Denn die Reise, auf die sich der Suchende macht, ist schließlich keine Reise im geographischen räumlichen Sinn. Die vertikale Bewegung ist keine reale Bewegung, sondern nur Metapher. Der Ort ist irrelevant und das Hilfsmittel wohlmöglich genauso effektiv, wenn man es in seinen eigenen vier Wänden benutzt.
Schließlich verbirgt sich in der bewußt grotesken Gestalt des Hilfsmittels auch der Hinweis, wie wenig es auf Hilfsmittel ankommt.

Alles ist bereits hier. Um aus der ewigen Rotation des Rades zu entkommen, ist es nicht nötig, den höchsten, gefährlichsten oder heiligsten Berg der Welt zu besteigen, ebenso wenig ist es nötig, sich für alle Lebenslagen zu wappnen und stets auf der Hut zu sein.

Vielleicht ist es aber manchmal nötig, diese Aufgaben auf sich zu nehmen, um zu begreifen, daß das, was man braucht und sucht, nicht dort ist, wo man es zunächst vermutet hat, nicht in der schwer bezwingbaren Höhe oder Ferne, sondern schon immer hier gewesen ist, und die Änderung der Richtung, der Wechsel des Vehikels auf eine ganz andere Art, auf einer ganz anderen Ebene stattfindet, als man zunächst geglaubt hat.

Zum Schluß vielleicht noch einen kleinen Ostfriesen-Witz, der in diesem Zusam-menhang aber so genauso gut aus einem Zen-Kloster stammen könnte:
Zwei Ostfriesen reisen nach Kenia um dort eine Safari zu machen. Der eine
schleppt einen großen Stein mit sich. Der andere fragt ihn, wozu er denn den Stein brauche. Da antwortet der der erste: „Zum Schutz vor Löwen.“
„Willst du die Löwen damit bewerfen?“
„Nein, wenn eine Löwe angreift, lasse ich den Stein fallen. Dann kann ich schneller weglaufen.“


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