Parodie Peripherie Dissidenz Johannes Lothar Schröder zur Ausstellung UMWEGE von Ralf Jurszo und Manfred Eichhorn Im
EINSTELLUNGSRAUM haben sich zwei Künstler
zusammengetan, um ihre Zeichnungen, Malerei, Videos
und Video-Stills ausstellen. Nun gilt es
herauszufinden, was sie verbindet. Dabei möchte ich
auch ihre Aussagen über vertikale Bewegungen
kennenlernen.
I. Dezidiert unrepräsentativ Gleich am Eingang rechts hängt eine Gruppe von 4 Lackbildern von Manfred Eichhorn einer Serie von Zeichnungen gegenüber, die „Dithmarscher Volkstänze“ darstellen. Weiter geht es an dieser Wand mit klein- formatigen Malereien von Ralf Juszo. Sie zeigen Impressionen von Landschaften, und Rückfragen ergaben, dass sie Orte und Gegenden aus Norddeutschland abbilden. Zu sehen sind z.B. eine noch nicht vollständig bebaute Kreuzung, ein abgeernteter Maisacker, die Eingänge eines unterir- dischen Bunkers, ein Zeltlager und ein Friedhof. Die Motive stellen beliebig ausgewählte periphere Orte dar. Abgesehen davon, dass sie nicht aus dem Hochgebirge stammen und sich die Panzerstraßen auf westdeutschen Truppen-übungsplätzen mit großen vor Ort gegossenen Betonplatten von ihren Pendants in Ostdeutschland mit parallel verlegten industriell vorfabrizierten Betonplatten unterscheiden, verbreiten sie einen rüden Zauber des Universellen. Dieser stellt sich - unterstrichen durch das Kleinformat - den repräsentativen Ansichten allgemein bekannter Städte und beglaubigter Sehenswürdigkeiten entgegen. Insofern heben sich die von Jurszo gewählten Motive, ähnlich wie das Genre der Ansichtspostkarten von unbedeutenden Orten - darunter Landgasthöfe mit Aluminiumtüren und dörfliche Einkaufsläden aus den 1970er Jahren - von den Abbildungen der Touristenmagnete ab. Jurszo ruft bewusst periphere Orte in Erinnerung oder bringt lokale Landschaften ins Spiel, die von den als spektakulär empfundenen meist exotischen Motiven absetzen. Ansichten von Feld, Wald und Flur können als Beispiele eines eigenen Genre der Land- schaftsmalerei gelten, die mit den Ansichten Französischer Maler (Schule von Barbizon oder von Pont Aven) vergleichbar sind, die sich in Zeiten der Rücknahme der revolutionären Errungenschaften auf das Land zurückgezogen haben. |
Bemerkenswert
ist in diesem Zusammenhang, dass Jurszo mit dem
Gemälde nach Antoine Watteau (an der Stirnwand) auf
ein Vorbild zurückgreift, das, obwohl einem höfischen
Kontext entstammend, dazu beitrug, die Landschaft als
einen Ort der Emanzipation des Menschen darzustellen.
Das Original zeigt eine Gesellschaft, die in
leuchtenden Brokatkleidern lustwandelnd und sich
tanzend im Grünen vergnügt. Im 18. Jahrhundert war es
revolutionär, sterbliche Menschen in einer Parkland-
schaft den Platz der Götter einnehmen zu lassen.
Letztere Möglichkeit wählten die Maler des Barock, um
irdische Konflikte auf einer mytho- ogischen Ebene zu
verkörpern, während Watteau reale Menschen als Akteure
ins Spiel brachte, die die Lösung der Konflikte ihrer
Zeit antizipierten, indem sie ein irdisches Paradies
im Park als Utopie bevölkern. Warum nur hat Jurszo
diese Menschen aus der Kopie der Parklandschaft
verbannt? Lediglich ein gesatteltes Pferd, das am Rand
der Lichtung wartet, lässt einen fragen, ob und warum
sich der Reiter ins Gebüsch verzogen hat? Sein
Verbleib wird nicht geklärt, und die Wunschträume, die
z.B. Ernst Bloch in den Bildern Watteaus hervorgehoben
hat, sind der Unbestimmtheit gewichen. Dagegen haben
die beiden Künstler sich allerdings entschlossen,
diese unvollständige Kopie nach Watteau mit einer
zeitgenössischen Personengruppe zusammenzubringen, die
sich mit einem Musikinstrument freudig erregt,
vielleicht sogar ekstatisch im Freien bewegt.
II. Räumliche und zeitliche Peripherie Die besagte
Serie von Filmstills ist aus einem Video geschnitten,
das im Wattenmeer gedreht wurde. Die Prints sind
pixelig und zeigen eine Gruppe junger Menschen, die
vergnügt tanzend im Deichvorland eine Laute schwenkend
unterwegs sind. Es handelt sich um Zeitgenossen,
jedoch erinnert die Gegenlichtaufnahme, die die
Silhouetten betont, auch an Scherenschnitte, also an
eine Kunstform, die während der Zeit der Roman- tik
zur Blüte kam. Hier, in der unmittelbaren
Nachbarschaft zur Kopie nach Watteau, stehen die
jungen Leute aus dem Watt quasi ums Eck bereit, um als
Zeitgenossen das auf dem Gemälde ausgesparte Personal
zu erset- zen. Nicht nur verkörpern sie dieses, so
dass sie für die ursprünglich dort versammelte
Gesellschaft einspringen könnten, sondern sie stehen
auch in der Kontinuität der Zugewandtheit zur Natur,
die sich von Watteau über die
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Vernissage
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Die 09. Ausstellung im
Jahresprojekt Autos
fahren keine Treppen des EINSTELLUNGSRAUM e.V. |
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Gefördert von der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg | |
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