Die Rote-Punkt-Aktion funktionierte folgendermaßen: "Inhaber von PKWs zeigten mit einem rotem Punkt auf weißem Papier hinter der Windschutzscheibe ihre Bereitschaft, Personen als Anhalter mitzunehmen. So wurde der gesamte öffentliche Personennahverkehr und sogar, zum Höhepunkt der Proteste, der Berufsverkehr organisiert."5 Die Stadtverwaltung ließ ihrerseits rote Punkte drucken, und eignete sich diese Form für ihre Zwecke an. Die ritualisierte Konfrontation der Stadt blieb parallel zu der der Aktionisten zwar ebenfalls Bestandteil der Auseinandersetzung, aber es gelang den Demonstranten durch Einführung des neuen Elements, die Situation zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Der Aufbruch bekannter Rituale führt wieder zu neuen Situationen.

8. Fazit
  • Die Wirkungskraft einer Bewegung liegt in der neuen Situation - die auch für die Akteure überraschende Verläufe nimmt. Diese Protestsituation funktioniert im Prinzip nur einmal, bzw. nur, solange sich für die Akteure keine im Ritual erstarrten Formen herausgebildet haben und die Entwicklung aus der Situation nicht vorhersehbar ist.
  • Eine "gelungene" Protestsituation hat kein Publikum. "So ist die Situation dazu bestimmt, von ihren Konstrukteuren erlebt zu werden."6
  • Wirksamer Protest lässt sich nicht detailliert planen. "Die Situation ist (...) eine Verhaltenseinheit in der Zeit. Sie besteht aus Gesten, die in der Ausstattung eines Moments enthalten sind. Diese Gesten sind aus der Ausstattung und aus sich selbst heraus entstanden. Sie erzeugen andere Formen der Ausstattung und andere Gesten. Wie kann man diese Kräfte lenken?" 7
Literatur


- Anna Christina Berlit: Notstandskampagne und Rote-Punkt-Aktion. Die Studentenbewegung in Hannover 1967 - 1969 (Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalgeschichte 20), Bielefeld 2007.

- Horst-Pierre Bothien: Protest und Provokation. Bonner Studenten 1967/68 (Forum Geschichte 6) 1. Aufl., Essen 2007.

- Detlef Michelers: Draufhauen, Draufhauen, Nachsetzen! Die Bremer Schülerbewegung, die Strassenbahndemonstrationen und ihre Folgen 1967 / 1968. 1. Auflage. Edition Temmen. Bremen 2002. 192 S 2002.

- Lars Müller: Gleich wird's grün. Freiburger Fahrpreiskämpfe 1968. Hg.: Archiv soziale Bewegungen & Stadtarchiv Freiburg. - Freiburg im Breisgau: Jos-Fritz-Verl., 2003. - 1 CD-ROM ; 12 cm + Begleith. (32 S.); (dt.) (Materialien zur Protestgeschchichte 2) 2003.

- Lars Müller: Gleich Wird's Grün: Freiburger Fahrpreiskämpfe 1968, in: Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins Schau-ins-Land 123 (2004), S. 193Ð209.

- Roberto Ohrt: Der Beginn einer Epoche. Texte der Situationisten 1. Aufl, Hamburg 1995.




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Anmerkungen:
5. Anna Christina Berlit: Notstandskampagne und Rote-Punkt-Aktion. Die Studentenbewegung in Hannover 1967 - 1969 (Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalgeschichte 20), Bielefeld 2007 S. 126.
6.Vorbereitende Probleme bei der Konstruktion einer Situation. In: Roberto Ohrt: Der Beginn einer Epoche. Texte der Situationisten 1. Aufl, Hamburg 1995 S. 48 Original 1958.
7.Vorbereitende Probleme bei der Konstruktion einer Situation. In: Ebenda S. 48 Original 1958