Aufmerksamkeit gefangen; eine an der Wand hängende "erkenntnistheoretische-physiologische Apparatur", auf der über die "Burger King" Plastikbecher der Bürger zum King seines Haushaltes wird oder sein soll und auf der: "Die neue Alchemie serielle Wunder produziert" fesselt, ehe in einem weiteren Werk der starke "Libido"-strom - durch Einschnitte und Sperren unterbrochen und von der "Biophobie" bedroht-, über uns hinweg schwappt, um nur einiges von dem Gezeigten kurz zu erwähnen.
Im "physio-kubistischer Farb-Apparat" wird durch die die Ballonflaschen und Schläuche durchfließenden Farbflüssig- keiten eine bewegte Prozeßphantasie visualisiert. 
Im Gegensatz dazu gerinnt im Objekt "Bio-chemische Phantasie auf Leichtstoffplatte" im Bild, die Flüssigkeit und nimmt eine fixierte, feste, bewußte Form und Gestalt an.
 
Die riesige Bildfläche schneidet den Raum, sie kollidiert mit dem Raum.  Durch die Art der Stellung des Bildes im Raum soll dessen Fläche bewusst als Gegensatz zum Raum gemacht und der Blick auf das Bild gelenkt werden.

Überraschend weist dieses im unteren Bereich ein Loch auf. Beim Durchblick ist ein Holzgerüst zu erkennen, das sich bei Betrachtung der Rückseite als Raumkonstruktion entpuppt, die leer und nicht zu betreten ist.  Das Klischee von der  sogenannten "Innenwelthypothese" wird damit visualisiert, der Innenraum auf die Bildfläche gekippt und damit in den Ausstellungsraum gestülpt.  Die Problematik zwischen "Innen und Außen", einer rein hypothetischen Innenwelt, -man könnte diesen Begriff auch mit Seele, Geist, Subjekt gleichsetzen-, wird thematisiert.  Dieses Hauptthema des Künstlers, ein Topos der aus der Neo-Phänomenologie des Philosophen Hermann Schmitz stammt, durchzieht als Leitfaden seine künstlerische Arbeit.  Gefühle, die bislang immer als im inneren Seelenmülleimer abgelegt und privatisiert galten, werden jetzt als Innenleben nach Außen gesütlpt, im Äußeren sichtbar und vom Künstler auf dem Bild visualisiert.
Das Bild in seiner unreglmäßigen organischen Form mutet wie eine wild wuchernde Phantasmagorie an.  Es könnte eine Chimäre sein, ein schillerndes Phantasiewesen, auf dem sich bunte Farben, vielfältige Formen in einem Material- und Technikmix ausbreiten.
- Da wurde von der Zeichentechnik ausgehend, aquarelliert, Folien und Büropunkten geklebt, geschnitten und collagiert, den Gesamteindruck jedoch bestimmt die individuelle Handschrift.  Die "bio-ästhetischen" Strukturen entstanden aus aufgetrockneten Lebens(mittel)extrakten wie das schwarze, starke Zentrum aus Koffein, manche Ponal umrahmte Insel ist aus Soyasauce, Wein etc. hervorge- gangen.  Man könnte sich in dieser Phantasiewelt verlieren, wird aber durch klar erkennbar dargestellte Gehirnwin- dungen, Zellstrukturen, Assoziationen an Präparatschnitte in die Wirklichkeit zurücgeholt.  Die Arbeit changiert wie bei einem Vexierbild zwischen Kunstphantasie und Realität.

Im Keller ist ein Leporello installiert, das als begehbare Diskursstrecke den Problemhorizont des Künstlers visualisiert und einen weiteren Über- und Einblick in das bisherige Oeuvre von Oliver Ross bietet.

Maschinenphantasien beschäftigten und faszinierten Künstler seit Leonardo, haben aber vor allem im 19. und 20.  Jahrhundert an Bedeutung gewonnen, man denke an die konstruktivistischen-, surrealistischen-, futuristischen-, dadaistischen Maschinenphantasien bis hin zu Tinguely etc.  Oliver Ross erfindet Wunschmaschinen im Deleuzschen Sinne, in denen er durch Wiederholung das Serielle der technischen Maschinen zitiert, ironisiert, unterläuft und kommentiert und in denen die Bio-Phantasie hoffentlich die Oberhand über die Biophobie behält.
Der Künstler stellt sich mit seiner Maschinenphantasie, einem kreativen Kunstprozess in den aktuellen diskursiven Kontext und führt damit den vom Viertaktmotorprojekt proklamierten und geforderten Diskurs zwischen Kunst und Wissenschaft.  Er zeigt, dass im Wechselspiel der Disziplinen Grenzüberschreitungen zu durchaus fruchtbaren Ergebnissen führen können.

Liebe Gäste, ich hoffe, Ihr "Psycho-Chemie- und Bio-Phantasie-" Haushalt ist noch in Ordnung und - um die Worte Goethes nochmal aufzunehmen - es gibt jetzt "Mehr Licht" statt "Mehr nicht".  Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wünsche einen an- und aufregenden Ausstellungsbesuch.

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