Stoffwechselstoff
Der Politikbegriff hat sich im Laufe der Zeiten sehr gewandelt.
Darauf will ich nicht im einzelnen eingehen. Aber auf den Ursprung
sei hingewiesen:
Der Begriff der Politik stammt aus dem griechischen und bedeutete ursprünglich
"die Kunst der Staatsverwaltung". Wenn man das heutige politische
Geschehen betrachtet, dann fällt es dem Beobachter jedoch schwer,
Politik in Verbindung mit Kunst zu bringen.
Ohne Probleme erscheint es dagegen möglich, den Begriff der
Politik im Lichte von "Stoffwechselstoff" zu betrachten. Auch die Verkehrspolitik.
Sie werden sehen: Der Stoff der Politik ist zuerst einmal nur beschriebenes
Papier. Wechselt die Politik ihre Richtung, so ist das Ergebnis neuer
Stoff, neues anders beschriebenes Papier.
In einer Demokratie hat es sich als zweckmäßig erwiesen,
dass nicht jeder einzelne für sich an der Politik mitwirkt - auch
wenn das immer wieder vorkommt und nicht zu beanstanden ist. Die Menschen
organisieren sich zu Parteien.
Diese geben sich Programme, beschrieben auf Papier. Wechselt
das Programm, entsteht neues beschriebenes Papier.
Die Parteien bilden Regierungen. Manchmal regiert eine Partei
alleine, meistens regieren mehrere Parteien zusammen. Sie bilden Koalitionen.
Es entsteht ein Papier, eine Koalitionsvereinbarung. Wechselt die Regierung,
entsteht ein neues Papier. Und selbst bei einer Alleinregierung
einer Partei, wie wir sie derzeit in der Hamburger Bürgerschaft erleben,
entsteht neues beschriebenes Papier: Ein Regierungsprogramm.
Und das kann ganz anders sein als zuvor, auch wenn die jetzt allein
regierende Partei zuvor Mitglied der Koalition war.
Nehmen Sie als Beispiel den Bezirk Altona, aus dem ich komme. Die CDU
hat mit der FDP und der Schill-Partei koaliert. Auch wenn wir das Ergebnis
der Verhandlungen und Mitgliederversammlungen nicht vorweg nehmen wollen:
Sie können sich vorstellen, dass eine Vereinbarung zwischen CDU und
GAL einen ganz anderen Stoff darstellt als der Stoff, der vor dem Wechsel
war.
Die Politik auf beschriebenes Papier zu reduzieren, würde ihr sicherlich
nicht ganz gerecht. Wenn aber die Politiker, also die Menschen, die sich
der Gestaltung des Gemeinwesens von Seiten des Staatswesens her zuwenden,
ehrlich sind, dann werden sie zugeben müssen, dass vieles, was auf
dem Papier steht, die Bezeichnung "Inhalt" nicht verdient. Vieles
ist inhaltsleer.
Vieles - nicht alles. Tatsächlich gehören zum Stoff der Politik
auch Inhalte und deren Umsetzung. Finden sich auf dem Papier jedoch
Inhalte, so werden die Politiker wiederum zugeben müssen, dass ein
großer Teil der auf dem beschriebenen Papier festgehaltenen Inhalte
das Papier niemals verlassen und zu keiner Umsetzung kommen wird.
Und trotzdem: Stoff der Politik ist auch die Umsetzung von Inhalten.
Zunächst in Form von beschriebenem Papier, von Gesetzen, Verordnungen
und anderen staatlichen Normen.
Wechselt die Regierung, wechselt auch ein Teil des Stoffes: Die Umsetzung
von Inhalten wechselt. Geschriebene Normen werden geändert. Und damit
ändert sich das Handeln der Verwaltung und das Handeln eines
jeden einzelnen.
Inhalte werden aber auch in anderer Weise als durch bloße Normgebung
umgesetzt. Politiker können - wie alle anderen Menschen auch - Werte
vorleben. Auch damit kann sich das Handeln eines jeden einzelnen wechseln. |