veränderte Informationsverarbeitung können normalerweise zusammengehörige mentale Inhalte nicht miteinander in Zusammenhang gebracht werden, sondern bleiben weitgehend unverarbeitet nebeneinander stehen. Die Folge sind dissoziative Symptome wie z.B. Erinnerungslücken oder Entfremdungsgefühle in bezug auf die eigene Person oder die Umgebung. Die Symptome sind eine Sofort-Reaktion auf sehr belastende oder traumatische Erlebnisse und ermöglichen es der Person z.B., automatisiert zu reagieren oder das Erleben nicht mit der eigenen Person in Verbindung zu bringen. Die Situation wird so wahrgenommen, als passiere das gerade jemand anderem. Im weiteren Verlauf nimmt die Stressreaktion ab und das Gehirn versucht, das Erlebnis zu verarbeiten.“

Der Mythos von Narzissos, den Ovid sehr komplex erzählt, ist wohl bekannt: Narzissos, der Nymphe Echo ausweichend versinkt liebes- und beziehungs-unfähig im eigenen Spiegelbild eines Sees.


In der Spiegelfolie, die Llaura auf dem Boden des Kellers ausgebereitet hat, kann niemand versinken, keine Angst. Die kurzzeitige Amnesie jedoch, die durch die plötzliche Begegnung mit dem eigenen Blick entstehen kann, das Aussteigen aus dem Hier und Jetzt, wird aufgefangen durch weichen Filz, der zwar nicht mit Füßen beschritten, aber für die Augen erfaßbar von einem ‚Ufer’ zum anderen führt, wo nichts spiegelt, sondern einfacher Holzboden wieder ansagt, wo unten und wo oben ist. Dieser Filzsteg hat die Form einer Leiter, die allerdings nicht in die Höhe führt, sondern wie in Eschers Vexierbildern gekippt auf einen ganz anderen Raum verweist, der allein der Imagination angehört. Diese Präsenz des Unmöglichen in ihrer einfachen Verschränkung mit dem Gegebenen finde ich ganz wunderbar.
Nun zum dritten Exponat:
Das mechanisierte Ich, das Auto, dem unsere Arbeit seit über 12 Jahren gewidmet ist, ist ja eine Erfindung, die es Mensch ermöglicht, seinem eigenen Brennpunkt am Horizont entgegenzurasen, so lange das Benzin ausreicht. Gebunden an Körper, Wohnung, Inventar, Requsiten ist dem im Laufe des vergangenen Jahrhunderts eine Materialflut gefolgt, die erbarmungslos umwälzt, was sich nicht am Ort halten kann.

Ottmar von Poschinger-Camphausen zeigt die Spuren dieser Verschiebungen mit den Mitteln der Fotografie. Das hier gezeigte Foto mit dem Titel Hamburg Neuhof 1976 resuliert aus einer Arbeit zur Hafensafary 2006. Montiert am Zaun des ehemaligen Freihafens unter der Köhlbrandbrücke gräbt sich angesichts der Differenz von Foto und Situation die Erkenntnis in das Bewußtsein des Betrachters, dass hier etwas geschnitten wurde, dass hier die Stifte der Architekten der Hafenerweiterung in Folge der o. angedeuten Materialflut eine Schneise in des Wohnumfeld der Hafenarbeiterfamilien von 1976 geschlagen haben. Der alte Straßenbelag von damals, die Siele rechts und links am Straßenrand und der Laternenmast sind noch vorhanden und fotografisch erfassbar.
Bereits in früheren Arbeiten hat Ottmar von Poschinger sich mit Stadtverän-derungen beschäftigt, wobei diese Wandlungen häufig mit Konzeption und Konstruktion neuer Verkehrswege einhergingen. Seine Herangehensweise ist einer Zeitreise vergleichbar, indem er fotografisch vergangene und jetzige Erscheinungsbilder eines Stadtgebietes so ineinander ‚verwebt’, dass man einerseits zurückversetzt wird, um (scheinbar) in die Zukunft zu sehen. Andererseits liefert er vor Ort einen Blick in die Vergangenheit anhand eines übergroßen Fotos.
Seine hier gezeigte Arbeit der Installation von 2006 kommentiert wiederum Meschkin, welcher Ausstellungs-Ereignisse aufruft, die sich gleichzeitig hier an der Wandsbeker Chaussee ereignet haben.


Zum Schluß noch ein Zitat von David Robson in NewScientist aus dem November 2012, was Llaura mir gab:
Das Gedächtnis so haben Wissenschaftler herausgefunden, hat sich in der Evolution nicht entwickelt, damit wir uns an Geschehenes erinnern können. Sondern damit wir uns ausmalen können, was geschehen wird. Diese Idee geht auf Endel Tulving zurück, der heute am Rotman Research Institut im kanadischen Toronto arbeitet. (...) ‚Dass wir Erinnerung und Phantaie verwechseln, ist nicht verwunderlich, beide Vorgänge haben vieles gemeinsam.“, kommentiert der Psychologe Daniel Schacter von der Havard University.“

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