aus Pfeilern, die man für Säulen eines griechischen Tempels halten könnte, zu dessen Füßen ein seiner Räder beraubter Omnibus sein Dasein als Imbißstube fristet - nach innen blicken wir z.B. auf einen Vorhang, auf dem das Leben, das sich dahinter abspielt nur als Schattentheater sichtbar wird. Die im Ausstellungsraum bereits vorhandene Stellwand, die dadurch, dass sie nicht ganz bis zur Decke reicht, etwas Kulissenhaftes hat, bildet mit der Fensteratrappe eine Linie, hinter der man sich, unterstützt durch das frei schwebende Fenster, einen abgeschlossenen Raum vorstellt - eine Situation, die an ein Bühnenbild erinnert.

Lee Jeong Eun sucht immer nach Möglichkeiten asiatische und europäische Einflüsse in ihren Arbeiten miteinander zu verknüpfen - hier werden die Fenster- Ein- und Ausblicken aus Seoul mit Aufnahmen des hiesigen Ausstellungsraumes und Fensterausblicks auf die Wandsbeker Chaussee gegenübergestellt. Die Projektion ersetzt hier den normalerweise vorhandenen Ausblick auf den öffentlichen Raum - es ist quasi eine Allegorie zum diesjährigen Thema des EINSTELLUNGSRAUM. Die Installationsanordnung läßt vielschichtige Deutungen zu und es ließen sich viele Bezüge zur Kunstgeschichte herstellen - mich hat es zuerst an Magritte's vielfach variiertes Motiv erinnert, das eine Leinwand vor einem Fenster auf einer Staffelei stehend zeigt, die den Fensterausblick, den sie verdeckt, abbildet. Magritte betitelt sein Bild mit "So lebt der Mensch"(La Condition humaine) , 1933.
Ein Titel, der ebenso, wie der Titel dieser Ausstellungen: 'Das Licht wird Erinnerung', auf das Dilemma der menschlichen Wahrnehmung hinweist: Wir machen uns ein Bild von der Welt, das Bild das wir von ihr haben, die Vorstellung von der Welt, die wir uns machen, verstellt uns aber möglicherweise den Blick auf die wahre 
Wirklichkeit - aber wir können nicht anders - wir haben nur unsere Vorstellung - unser Bild von der Welt ist die Summe des zur Erinnerung gewordenen Lichts. Abgesehen davon finde ich es interessant, wie fesselnd dieser Fensterausblick ist. Es erinnert mich daran, dass in meiner Kindheit ältere Menschen sich die Zeit gerne damit vertrieben, zum Fenster herauszuschauen - sie legten sich ein Kissen auf das Fensterbrett, stützten sich mit den Ellenbogen darauf und verharrten dort stundenlang, das "Straßentheater" genießend.

Bei der Arbeit im Keller handelt es sich um Tuschmalerei auf Papier. Die Tuschmalerei blickt - wie in China und Japan - in Korea auf eine lange Tradition zurück, die leider durch kriegsbedingte Verluste wenig bekannt ist. Die Tuschmalerei ist aber auch heute noch ein wichtiger Studienzweig an koreanischen Kunsthochschulen, der parallel zum Studium der "westlichen Kunst" fortbesteht.
Zwar nutzte Lee, Jeong-Eun traditionelle koreanische Tusche aber nicht das traditionelle Papier - dieses nämlich würde auch nicht den durch das hier verwendete Schwarzlicht erzielten Effekt erzeugen. Schwarzlicht, das außerhalb des von uns wahrnehmbaren Wellenbereichs liegt,  wird ausschließlich von Fluoreszenzfarbstoffen in sichtbares Licht reflektiert. Diese Stoffe werden z.B. Waschmitteln beigemengt, so dass die Wäsche strahlend weiß wird - oder überhaupt weißen Stoffen und modernen Schreib- und Computerpapieren zugesetzt. Die Industrie macht das, um die Vorstellung, die der Durchschnittsverbraucher angeblich von weißer Farbe hat, zu erfüllen, ein Weiß, das heller und strahlender und scheinbar sauberer als das natürliche, eigentliche Weiß ist. Der Betrachter kann im Keller also prüfen, bei welchen Gegenständen, die er so bei sich trägt, z.B. bei seinem Führerschein, er durch sogenannte optische Aufheller manipuliert werden soll.


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