Diesen Vorwurf umgeht der gezeigte Werkkomplex Leopold Schröders geschickt aufgrund der fehlenden Intention, belehrend zu wirken. Und dennoch erzielt er die gewollte Wirkung.

In seinen zwei aktuellen Arbeiten, die den Kinderzeichnungen zur Seite gestellt werden, finden wir auch gut 30 Jahre später eine unveränderte Haltung des Künstlers gegenüber der Welt wieder. Auch hier wird der Versuch unternommen, etwas wieder in sein Gleichgewicht zu bringen.

Vor allem eine Videoarbeit nutzt dabei ein weiteres mal die entwaffnende kindliche Perspektive, hier natürlich artifiziell wiederhergestellt: Der Künstler in einem „Adamskostüm“ trägt eine frühe, von spätpubertärem Kitsch geprägte Malerei eines Aktes im Gras - seine erträumte Eva - zwischen Autos umher und konfrontiert den automobilen Bürger mit der Frage, ob es Autos im Paradies gebe.

Die Form der Inszenierung sowie die Frage sind bewußt schlicht und kindlich naiv gehalten, wodurch die Widersinnigkeit und schließlich die Lächerlichkeit einer vom erwachsenen Standpunkt aus gegebenen Erwiderung, die die gesellschaftliche Normalität repräsentiert, entlarvt wird.

Denn was ist schließlich kindischer? Die Hoffnung auf die Wiederherstellung eines Gleichgewichts oder das Beharren auf einem status quo, von dem man weiß, daß er schließlich „auto“-destruktiv ist?


Um zu seinem Ziel zu gelangen, hat der Leopold Schröder in dieser Ausstellung sein aktuelles Medium, seine erwachsene, komplexe und wenigstens in Teilen unvermeidlich korrumpierte Perspektive „geparkt“ und ist auf eine kindliche Schaffensphase umgestiegen. Er hat eine kindliche Perspektive wieder zugänglich gemacht und in den Dienst einer aktuellen Intention gestellt, ohne die genutzte Bildwelt und ihre Ausdruckskraft dadurch zu kontaminieren.

Dadurch ist es ihm möglich geworden so schlichte wie dringlich notwendige, aber in der Regel unerwünschte Fragen an eine Gesellschaft zu richten, die sich in zunehmendem Tempo ihrem endgültigen Infarkt nähert.

„Wir alle laufen auf einen Abgrund zu, nachdem wir etwas vor uns aufgestellt haben, das uns daran hindert, ihn zu sehen.“
Blaise Pascal, Pensèes
„In all den Erscheinungen eines Geistes, der seine Mündigkeit freiwillig preisgibt, vermögen wir nur die Zeichen drohender Auflösung zu sehen. Die wesentliche Merkmale des echten Spiels fehlen darin, obwohl das puerile Betragen oftmals äußerlich die Form des Spiels annimmt. Um Weihe, Würde und Stil wiederzuerlangen, wird die Kultur andere Wege gehen müssen.“
J. Huizinga, Humo Ludens

Ⓒ Dr. Thomas J. Piesbergen 2015 / VG Wort

Die 08. Ausstellung im Jahresprogramm Park&Ride des EINSTELLUNGSRAUM e.V.

Vernissage
back
home
Gefördert von der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und Bezirk Wandsbek