Andererseits muß er sich einem gesetzlichen Regelwerk beugen und stadtplanerischen Konzepten folgen, die wiederum Ergebnis von demographischen Erhebungen, ökonomischen Erfordernissen und Absichten und deren Interpretation sind. Die so entstehende architektonische Ordnung des Raumes,  kann also keine unmittelbare Repräsentation des Status Quo sein, sondern nur dessen Interpretation. Und diese Interpretation ist wiederum abhängig von der kulturellen Norm und ihrem Menschenbild.

Auf diesem Weg greifen soziale und ökonomische Ideologie und Machterhaltungs-interessen massiv in den Prozess der Raumgestaltung ein. Durch eine Verlagerung der Deutungshoheit des gesellschaftlichen Status Quo vom Individuum zu einer hierarchisch übergeordnete Institution wird die Architektur zu einer Repräsentation von Herrschaftsstrukturen und einem Werkzeug der Kontrolle, sowohl willkürlich wie unwillkürlich.

In dem Moment, in dem die Bedeutung von Machterhaltung und deren architektonischer Symbolik im Gestaltungsprozess des Raums wichtiger wird, als die ursprüngliche Funktion des Wohnens, kann sich die Architektur auf eine Weise entwickeln, die sich von dieser Funktion loslöst und ihr im Extremfall sogar zuwiderläuft.
Als Beispiele solcher abgekoppelten Entwicklungen seien auf der einen Seite Pracht- und Repräsentationsbauten genannt, die ursprünglich nur religiöse, später religiös legitimiert politische Macht und schließlich ökonomische Macht repräsentierten. Die Blüte dieser Entwicklung sehen wir in den profanen Prachtbauten des Historismus im späten 19. Jhd., als Banken, Bibliotheken oder Bahnhöfe gestaltet wurden wie Kirchen, Paläste oder Tempel.

Am anderen Ende der Skala stehen z.B. seriell gebaute Arbeiterquartiere, die regelrecht nach ihrer militärischen Kontrollierbarkeit entworfen wurden, nur sekundär nach ihrer Bewohnbarkeit, wie z.B. die mitunter extrem lichtarmen Berliner Hinterhofkomplexe.


Gegen diese hypertroph wuchernde Tendenz, die symbolische, repräsentative und machter-haltende Bedeutung über die akute Funktionalität der Bewohnbarkeit zu stellen, richtete sich der gestalterische Ansatz des Bauhauses.
Die Architekten, Kunsthandwerker und Künstler um Walther Gropius wollten die Architektur wieder frei machen von Symbolik, Ideologie und Machtrepräsentation und sie wieder zu dem machen, was sie ursprünglich war: zu einer adaptiven Struktur, die den menschlichen Bedürfnissen und den sie umgebenden Gegebenheiten auf einer funktionalen Ebene entspricht, in diesem Fall den Gegebenheiten in einem industrialisierten Kontext. Die Baukunst sollte wieder dem einzelnen Menschen dienen, nicht den herrschenden Institutionen.

Natürlich konnte die Architektur aus dem industriellen Kontext nicht zurückkehren auf eine Stufe, auf der das Individuum und seine Kleingruppe den eigenen Raum selbst gestalteten. Die Kontrolle über die Gestalt des Wohnraums blieb in der Hand der Architekten. Auch das Bauhaus konnte den Status Quo nicht unmittelbar abbilden, sondern nur interpretieren. Und natürlich ging auch diese Interpretation von einem ganz bestimmten Menschenbild und einem klar umrissenen ideologischen Kontext aus, der bereits im Werkbund, im Jugendstil und in der englischen Reformarchitekturbewegung nach John Ruskin seine Ausprägung fand.

Im Zentrum dieser Ideologie stand die Rückkehr der Funktion in den Dienst des Menschen und die Einheit von Leben und Kunst. Nach dem Verständnis des Bauhauses war der Gipfel der Kunst, in dem sich diese Einheit am konkretesten verwirklichen lassen konnte, die Architektur. So schrieb Walter Gropius im Bauhaus-Manifest: „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!“

Das zentrale Ziel der Bauhaus-Bewegung, das sie mit ihrer Architektur erreichen wollten, war die Beseitigung von gesellschaftlichen Unterschieden zwischen den Menschen sowie ein sich daraus ergebendes Verständnis zwischen den Völkern, in dem man den Wohnraum als etwas Begriff, dessen Funktion abgestimmt war auf die grundlegenden und weltweit als identisch angenommenen Grundbedürfnisse des Menschen, so wie eine Maschine, die auf einen Fertigungsprozess abgestimmt ist. Le Corbusier schrieb 1921 im Heft Nummer 8 der damals noch jungen Zeitschrift L’Esprit Nouveau: „Ein Haus ist eine Maschine zum Wohnen.“

Dazu schrieb Georg Schmidt, späterer Leiter der Baseler Kunsthalle, 1928 in einem Artikel:

Die 03. Ausstellung im Jahresprogramm DREHMOMENT des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Präsentation
Vernissage
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