Ich habe vergessen, dass ich in einem Taxi sitze...
Akane Kimbara
24.05 - 15.06.07 im EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Einführungstaext: Elke Suhr

... haben Sie das auch schon mal vergessen?  Meistens starre ich auf den Taxameter und vergesse niemals, dass ich hinterher bezahlen muss.
Also was muss sich ereignen, solches zu vergessen?

"Akane Kimbaras Arbeit bewegt sich zwischen verschiedenen Polen". So beginnt Anna Gudjonsdottir die Anmerkungen zur Ausstellung ihrer ehemaligen Studentin an der HfbK. Akane Kimbara studierte dort von 1999 - 2006, nachdem sie ein Kunststudium in Tokio abgeschlossen hatte.

In der Galerie Helium-Cowboy, Hamburg und kürzlich im Kunsthaus Hamburg bei 5-7-5  (so der Ausstellungstitel dort), waren ihre ganz besonderen Zeichnungen inzwischen schon zu sehen, und ich freue mich sehr, Akane Kimbara nun bei uns begrüßen zu dürfen, nachdem ich in ihrer Diplomausstellung 2006 Kontakt aufgenommen hatte.

Ja, welche Pole sind das, die Anna Gudjonsdottir angesprochen hat?
Selbst und Welt, Ost und West?
Ich möchte diese Wegweiser weiterverfolgen und etwas ausführlicher auf Akanes Selbstbezichtigung: "ich habe vergessen, dass..." eingehen.

Unten im Kellerraum sehen Sie Akane Kimbaras Videoarbeit mit dem genannten Ausstellungstitel.
In einer black box gleichsam tauchen clusterartige Lichtzeichen auf und verschwinden wieder. Clusterartige Geräuschmodule binden die Aufmerksamkeit des Betrachters, bis er selbst zu differenzieren sich bemüht zwischen Gesehenem und Gehörtem, zwischen Ort und Raum. Die Black box ist traditionell eine Metapher für die Innensicht des Menschen, von keinem Hirnphysiologen bisher zu entschlüsseln.
Platons Höhle kommt dem gleich, ist aber auch davon verschieden.
Unsere Augen richten sich auf Fixierbares, versuchen Verschwindendes zu halten.
Die Schwärze zwischen den Lichtclustern, die Pause zwischen den akustischen Ensembles mutet Akane Kimbara dem Betrachter zu. In der Stille, im Nichtbild kann etwas wachsen, was sonst sich entfernt hält, sonst, wenn alle Aufmerksamkeit auf das Dechiffrieren gerichtet ist.
Was kann sich entfalten? "Ich habe vergessen, dass ich in einem Taxi sitze." Die sich modulierende Situation verschiebt die Reflexion.

Vergessen geschieht selektiv ist bei Wikipedia zu lesen. Nach dem sog. Peters-Prinzip werden Ereignisse in Abhängigkeit von ihrem emotionalen Gehalt vergessen. Dinge, die uns gleichgültig sind, werden schneller vergessen als Dinge, die starke Emotionen hervorrufen. Dinge, die mit positiven Emotionen verbunden sind, werden - bei gleicher Stärke der Emotionen - nicht so leicht vergessen wie Dinge, die mit negativen Emotionen verbunden sind. In verschiedenen Theorien kommt dem Vergessen eine wichtige Funktion bei der Informationsverarbeitung zu. So führt Vergessen in der Regel zu einer Strukturierung der Gedächtnisinhalte, d. h. bedeutsame Dinge werden prägnanter.

Das Taxi mit Akane fährt auf irgendwelchen Straßen durch Tokio, Wien und New York. Weltweit um den Globus sozusagen, oder ist es nicht "nur" ein Film?. In der 15-minütigen Passage wählt sie mit ihrer Kamera nicht strukturierend signifikante Ortsangaben aus, sondern Zeichen für das Geheimnis der - nur einfühlend, intuitiv erfahrbaren - ambivalenten Situation, nämlich den Umstand der ungeklärten Frage in den jeweiligen Sprachen: Woher, wohin? Diese Passanten, die da irgendwo auf der Welt im Taxi sitzen, wo kommen sie her, wo wollen sie hin? Was bewegt sie? Was verbindet sie in der jeweiligen Beziehung? Ihre Missverständnisse, ihre Orientierungsversuche sind Anlässe für Akane Kimbaras Arbeiten im irgendwo, im Nirgendwo, in der Stille, des Gemeinten aber nur Andeutbaren.

Vorsichtig und still ist dies zu erspüren, wenn der Betrachter anstelle des Taxigastes im Dunkeln sitzt und flüchtige Lichtpunkte, sozusagen vorsprachliche Zeichen, sich verdichten und sich lösend vergehen sieht, Gesprächsfetzen auffasst.

Das, was mehr zu spüren als zu sehen ist, interessiert Akane Kimbara, dieses lässt sie in wenigen Figuren aus konzentrierenden, disziplinierten Umrißlinien in Kombination mit signifikanten Referenzzeichen erscheinen.
Insofern, bezogen auf unser Jahresthema SCHEIN führt uns Akane Kimbara hier die Andeutung vor, den Anschein, das Zeichen von


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