türkische Mitbürger, die am 27. Mai 2007 in Berlin für eine laizistische Türkei auf die Straße gegangen sind. Sie gedachten der Staatsgründung durch Kemal Atatürk, der am 29. Okt. 1923 in das Rad der Geschichte gegriffen hat.

Mit radikalen Dekreten hat er die Türkei schrittweise an Europa herangeführt. Als militärischer Führer war Kemal stark genug am 29. Okt. 1923 die Republik auszurufen und am 3. März 1924 den Kalifen ins Exil zu zwingen. Die arabische Schrift wurde durch die lateinische ersetzt, und eine weltliche Verfassung nach westlichem Vorbild wurde in Kraft gesetzt. Der neu gegründete Nationalstaat löste das Kalifat, also die Feudalherrschaft, ab. Damit wurde ein Vielvölkerstaat zu einem Nationalstaat in dem nur eine Nationalsprache zugelassen wurde, was zur Folge hatte, dass z. B. die kulturelle Selbstbestimmung der Kurden ignoriert wurde, weshalb sie sich auf die Seite des Kalifats stellten. Der so ausgelöste Konflikt schwelt bis heute und ist ein Makel dieser sonst erfolgrei- chen Revolution von oben mit Atatürk als Friedensfürst und Vaterfigur an der Spitze. In der Phase der Revolution erwies sich die starke Stellung und die Härte der Verfassung, dessen Garant bis heute das Militär ist, als notwendig. Nur so konnte das Prinzip des Revolutionismus mit permanenten Reformen durchgesetzt werden. Dazu gehörte auch die Einführung des gregorianischen Kalenders und des Turbanverbots 1925, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie das Frauenwahlrecht 1930 (kommunal) und 1934 (präsidial).
3.    ... und ein starker Auftritt für die Türkische Republik

Die Entstehung des Bildes, das dieses
revolutionären Schrittes der türkischen Emanzipation gedenkt, ist nun selbst als ein Akt des Eingriffs in den Verlauf der Demonstration angelegt gewesen.

Über die Straße des 17. Juni in Berlin war eine leere Leinwand gespannt. Davor wurde ein Band mit flüssiger schwarzer Farbe als eine Art Stempelkissen ausgelegt, so dass alle Demonstranten auf diese Schwelle treten mussten und Abdrücke ihrer Schuhe auf dem weißen Gewebe hinterließen. Dahinter lagen Fußmatten zum Abstreifen der Farbe von den Sohlen.

Ein Video zeigt eindrucksvoll die Reaktion der Demonstranten auf diese Schwelle. Zunächst wurden sie gebremst und schauten, was es mit diesem Tuch auf sich haben würde. Nachdem seine Funktion erkannt war, vermieden es nur wenige, ihre Fußsohlen zu beschmutzen und übersprangen die Farbe. Die meisten Demonstranten verwendeten ihre Schuhe wie einen Stempel und traten betont stark auf, um ihre Sohlen zunächst in die Farbe und dann demonstrativ auf die Leinwand zu drücken. Diese Setzung eines eigenen Mals trifft übrigens unmittelbar den Begriff des Malens, was heißt, ein Mal zu hinterlassen. Eine dritte Gruppe von Menschen war so versonnen, dass diese ohne es zu bemerken die Schwelle betrat. Darüber hinaus geschah unbeabsichtigt etwas Bemerkenswertes. Als nämlich während der Demonstration ein leichter Regenschauer

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