systematisch geschreddert werden. Eine Folge, die wahrscheinlich von kaum einem Konsumenten beabsichtigt ist, die aber emergent aus der Summe individueller Kaufentscheidungen hervorgeht und sich zu einem strukturellen Element der Agrarindustrie verdichtet hat.

Aus dem menschlichen Streben nach Homöostase gehen also zahllose regulierende Strukturen hervor, manche davon sind intendiert und spielen sich vor allem auf einer unmittelbaren menschlichen und zwischenmensch-lichen Ebene ab, andere sind emergent und zeitigen Strukturen und Prozesse auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene, die sich nicht mit den Interessen des Individuums decken müssen.

Viele davon sind uns bewußt, doch zahlreiche wirken auf der internalisierten Ebene des Habitus, also unseres Handlungsstils. Dieser Habitus, unsere gesellschaftlich geprägte Haltung, bildet unseren kulturellen blinden Fleck, von dem aus wir unsere Umwelt betrachten und beurteilen, der für uns aber unbeobachtbar und nur indirekt erfahrbar bleibt, der uns also steuert, ohne daß wir uns dessen bewußt sind. Pierre Bordieu, der diese Variante der Handlungstheorie maßgeblich formulierte, bezeichnete den Habitus auch als das unbewußte Wissen um unseren Ort in der Welt.

Damit hat er einen zentralen Aspekt kultureller Steuerungsprozesse ins Spiel gebracht, nämlich die Relevanz von Ort und Raum für unsere kulturelle Identität. Und natürlich gibt es auch auf dem Feld der räumlichen Ordnung sowohl intendierte Aspekte, als auch emergente, die unser Leben steuern, ohne daß wir dessen gewahr werden.

Die Geschichte des gebauten Raums beginnt mit dem Kreis, der um ein Zentrum gezogen wird. Dieses Zentrum, egal ob ein Feuer oder ein zentraler Pfosten, wird i.d.R. als Symbol der Weltachse, der axis mundi, verstanden und ist mit einer vertikalen Logik der kosmischen Ordnung assoziiert. Jedes Mitglied der Gemeinschaft hat gleichberechtigten Zugang zum Zentrum, entsprechend ist diese archaische Form der Raumorganisation mit Gesellschaften assoziiert, deren Hierarchien nur schwach ausgeprägt sind.

Mit der agrarischen Lebensweise im Neolithikum wurde die Bedeutung der jahreszeitlichen Abläufe immer essentieller und mit ihr folgerichtig die Beobachtung der Himmelskörper. Mit dem daraus hervorgegangenen Koordinatenkreuz trat die orthogonale Ordnung der Welt ihren Siegeszug an, und damit auch die horizontale Logik der Fläche.
Wo es vorher nur den allen zugänglichen spirituellen Mittelpunkt der Welt gegeben hatte, gab es nun die Möglichkeit, den Raum anhand der unterschiedlichen Bedeutung der Himmelsrichtungen zu hierarchisieren, und durch eine Vervielfältigung des einzelnen, aus dem Kreuz hervor-gegangenen  Rechtecks zum Raster, den Mittelpunkt aus dem Zentrum des Hauses ins Zentrum einer Siedlung oder einer Region zu verlagern. Damit geht schließlich eine Abspaltung des sakralen Raums vom Wohnraum einher und damit die Möglichkeit, den Zugang zum Heiligen zu kontrollieren.

Wir können also aus kulturanthropologischer Sicht im Raster ein Symbol der Hierarchisierung und Regulierung per se sehen. Diese Sichtweise wird
Präsentation
Vernissage
Die 05. Ausstellung zum Jahresprogramm Regeln regeln. Regeln regeln! 2019 des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
back next
Gefördert von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg und Bezirk Wandsbek