unterfordertes Tast-, Bewegungs- und Balanceorgan.  Das Video, das Carola Bahnmüller aufgenommen hat, zeigt das langsame Schreiten in einer Gehmeditation auf einem Rasen, und ruft die besonderen Fähigkeiten der Füße und die dazu gehörenden Erfahrungs- und Glücksmomente wieder in die Erinnerung.

Der Abgleich von Bremsen und Beschleunigen erzeugt Rhythmus und Balance

Wenn man auf dem Autositz im Keller des Einstellungsraum vor einem der beiden Bildschirme Platz genommen hat und die über Gras schreitenden Füße beobachtet, dann bemerkt man, wie im Gehen Beschleunigung und Bremsen zusammenspielen, so dass sich beide Momente aufheben. Dieser permanente Abgleich zwischen Beschleunigen und Bremsen ist vielleicht das Geheimnis der Balance; denn wir können nur dann langsam gehen, wenn wir nicht aufgeregt sind, wenn wir uns wie SeiltänzerInnen ganz der Schwere des Körpers und dem Abrollen der Fußballen überlassen.

Eine Sequenz von neun Zeichnungen zum Schluss; sie haben mir am Montag, als ich sie zum ersten Mal sah, die Seele geöffnet. Parallele Striche mit unterschiedlich weichen Bleistiften sind hier waagerecht von Blattrand zu Blattrand gezogen. Durch Verstärken und Abschwächen des Drucks nimmt die Breite der Linien zu und wieder ab. Sie erinnern auch an stilisierte Wellen, etwa der asiatischen Tuschemalerei. Ulli Falke beobachtet mittels Zeichenstift wie sich das Schweregefühl des Armes und der Hand mit dem Atmen verändert. Wie ein Seismograph läuft die Hand mit dem Graphit über das Blatt, und mit dem wechselnden Volumen in Lunge und Zwerchfell variiert die Künstlerin den Druck auf die Mine. So werden die Linien abwechselnd schlanker und breiter, magerer und fetter. Aus der Übersicht ergibt sich ein Muster das einer Wasseroberfläche mit Wellen gleicht. Diese Arbeiten sind Zeugnisse einer Zeichenmeditation, die Ergebnisse unterschiedlicher Dichte und Intensität liefern. Weil aber dauerndes Ein- und Ausatmen zur Hyperventilation führt, sind auch hier Bremsintervalle erforderlich; denn die Qualität der Zeichnungen hängt nicht zuletzt von den Atempausen ab, die den Strich in Fluss halten. 

Text Carola Bahnmüller
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Vernissage                                                                                                                                                                                
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