Christian Hasucha: Apparatur zur Erzeugung von Abgasbildern, Installation
22.09. - 20.10.2006

Text zur Finissage: Elke Suhr

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde
des EINSTELLUNGSRAUM e.V.,
lieber Christian Hasucha,


ginge es hier um die Auswertung einer wissenschaftlichen Testreihe, dann wären wir / Sie hier eventuell zusammengekommen, um diese Reihe nun unter einer bestimmten Fragestellung auszuwerten.

Die Apparatur zur Erzeugung von Abgasbildern, witterungsgesteuert ist keine Installation dieser Art.
Die Anordnung dieser Apparatur  wäre allerdings verwechselbar mit einer Testreihe. Da die Finanzierung jedoch durch zwei verschiedene Kulturausschüsse der Stadt Hamburg erfolgte, liegt es nahe, davon auszugehen, dass wir hier Kunst betrachten.
Der aktuelle Kunstdiskurs, der an der Grenze von Wissenschaft und Kunst Methoden austauscht oder Ziele befragt, führte zum Ergebnis, das wir heute betrachten können.

Die Tatsache, dass diese Installation zwischen Wissenschaft, Technik und Kunst hier in unserem EINSTELLUNGSRAUM e.V. zustande gekommen ist, ruft mich erst mal dazu auf, zu danken.


Dank an die Sprecher der drei Parteien im Kulturausschuss Wandsbek, die unser Jahresprojekt 2006 großzügig befürwortet haben, sodass auch dieses Projekt hier realisiert werden konnte.
Dank auch an den Kulturausschuss der KB.
Besonderen Dank an Christian Hasucha, der unter Einsatz ausdauernder körperlicher Kräfte uns diese interessante Installation gebaut hat, die in ganz besondere Art unser Jahresprojekt 2006: Steuern und Lenken eines Wagens in Relation zu persönlichen und sachlichen Ressourcen im morphogenetischen Feld interpoliert. Ich werde gleich noch darauf eingehen.

Besonders danken möchte ich noch Silke Peters und Jörn Müller aus unserem Vorstand, die mutig - eingedenk aller Risiken - 2x wöchentlich die extrem hohe Leiter zur Filteranlage auf der Kulturlitfaßsäule hinaufgeklettert sind, um den bespielten Filter gegen einen frischen auszuwechseln.
Dank auch Herrn Hansen vom Wandsbeker Wochenblatt, der einen guten informativen Artikel mit Bild veröffentlichen konnte. Dank allen weiteren Gremien und Beratern, die im Umfeld dieses Projekt realisieren halfen.
Ja, der Filter. Ja, ist das nicht ausschließlich ein Topos aus der Autotechnik, vielleicht noch der Umwelttechnik? Was hat der in einem Kunstraum zu suchen?

Zuerst: Was macht ein Filter generell?
Je nach Bechaffenheit lässt er bestimmte Elemente hindurch und fängt andere auf.
Hier an der Wand sehen wir diese 8 Filterbilder der letzten 4 Wochen, entsprechend unseren Öffnungstagen.
Aufgefangen, damit aussortiert und festgehalten, d.h. nun präsentiert, werden feine schwarze Rußpartikel, die der Dieselmotor dieses Kleinwagens nicht völlig in Energie umgesetzt hatte. Daneben sind gelbliche Spuren zu sehen, die vom Paraffin herrühren, das im Erdöl enthalten ist als Fett, als Zustand einer Verdichtung der Flüssigkeit. (Auch Kohle ist ja noch fett).
Nicht sichtbar, aber messbar wäre noch Schwefelsäure neben Spuren von Kondenswasser.
Je kälter es in den vergangenen 4 Ausstellungs-Wochen wurde, (wie  man an der blauen Farbe der Wetterkarten jeweils sehen kann), je mehr sich die nördl. Erdhalbkugel also in der Ekliptik von der Sonne weggedreht hat, um so kälter war das um 12 Meter verlängerte Auspuffrohr und veranlasste Fett und Kondens- wasser damit, sich niederzuschlagen, sowohl am Filter als auch an den Rohrwänden innen, und insofern eben nicht in gasförmigem Zustand durch den Filter hindurch zu entweichen.

Dies alles würden Naturwisschenschaftler natürlich auch feststellen.
Warum steht das alles hier im EINSTELLUNGSRAUM e.V.?

Dazu gäbe es viel zu sagen.
Ich wähle aus:
Die Zeichenhaftigkeit aller Elemente der Installation, d.h. den Hinweischarakter von Filter und Apparatur, hat Christian Hasucha so schlüssig inszeniert, dass wir durch die bekannten Funktionsabläufe verführt - besser geführt - werden, alles aufeinander zu beziehen: das Drinnen und das Draußen, oben und unten und außerdem auf das aufmerksam werden, was direkt nicht sichtbar ist, sondern nur in seinen Auswirkungen Spuren hinterlässt, nämlich den Wind, der die Auspuffwolken mal nach West, mal nach Nord geweht hatte und damit das Aussehen der Filterbilder gesteuert.
Kasimir Malewitch hatte zu Beginn des 20.Jhdts. suprematistisch ein schwarzes Quadrat auf weißen Grund gesetzt und damit sehr abstrahierend alles Materielle (schwarz) von allem Lichthaften (weiß) gefiltert sozusagen.

Christian Hasucha hat mit seiner Apparatur zur Erzeugung von Abgasbildern, witterungsgesteuert - der heutigen Zeit entsprechend vorsichtiger gegenüber den sog. Großen Erzählungen - Randbedingungen geschaffen, die beobachten lassen, wie das Materielle auf dem Denkmuster der Fläche des weißen Filter-Kreises erscheint.


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