Mit einem erkenntnistheoretischen 4 - Takter des Hamburger Kulturhistorikers Aby Warburg, der in Kürze die menschliche Weltaneignung veranschaulicht  "Greifen -Ergreifen - Begreifen  - Ergriffenheit "(7) möchte ich zu 
MATTHIAS BERTHOLD überleiten, der den Ausstellungsreigen in diesem Jahr des Viertaktmotores mit seinen "
4 - TAKT - ANWEISUNGEN" eröffnet.

Der Künstler setzt im  Sinne Warburgs mit seinen sprachlichen "Anweisungen’' auf ein Erkenntniskonzept, auf 
"mentale Stoffwechselprozesse".  Konsequent entwickelten sich die Anweisungen im Verlauf seiner Arbeit aus Gedankenexperimenten und Selbstversuchen.  Die auf den ersten Blick ordnend wie Lebenshilfen klingenden Anweisungen führen aber bei genauerem Hinsehen nicht zum reibungslosen mechanischen Funktionieren, sondere bringen den Lebensmotor zum Stottern.  Matthias Berthold unterläuft subversiv durch seine Regeln den Automatismus des Lebens und führt zum Gegenteil, nämlich zu Irritationen und womöglich gerät der Rhythmus, die Mechanik des ewig Gleichen außer Takt.  Gebote, Verbote, Gesetze Verhaltensregeln, die nach Aufhebung des Funktinierens in einer Nützlichkeits- und Verwertbarkeitsordnung zur Stiftung einer eigenen subjektiven Ordnung führen.

Den kleinen, kabinettartigen, fensterlosen Kellerraum, der durch seine Form wie ein geschlossener Zylinder wirkt, nutzt der Künstler, indem er mit seiner Installation direkt auf den Viertaktmotor Bezug nimmt.  Matthias Berthold projiziert durch die Anordnung von 4 Kästen mit Anweisungen an der Stimwand die 4 Takte des Motors in die Fläche.  In der Mitte allerdings, da, wo der Kolben sitzt, befindet sich ein fünfter Kasten, der in Augenhöhe eine imaginäre Achse zum Betrachter herstellt.  Dessen Aufgabe ist es nun, durch das Abtasten mit seiner Augenbewegung und dem Erfassen der  Inhalte (8), die Arbeit zu leisten und zu einer Transformation zu kommen.

Im Erdgeschoß bestimmt ein anderer Eindruck die Rauminstallation.  Der Raum selbst wird zur Schachtel und nur eine einzige riesige Leuchtschrift aus Glühleisten zieht sich über die Wände und brennt um so eindringlicher auf uns herab.  "Folgen Sie dem Lauf der Sonne" leuchtet in weißem grellem Kunstlicht auf. Eine Art kosmische Vemetzung ins Rauminnere findet statt, die uns auf die Existenz anderer Ebenen und Sphären verweist und hoffentlich  auf
 
 
 

7 Barta Fliedl, Iselbill / Geismar Christoph (Hg.)"Die Beredsamkeit des Leibes.  Zur Körpersprache in der Kunst. Ausstellungskatalog Wien, Salzburg 1992, S. 61 
8  1.Takt (Ansaugen): « Nehmen Sie ein Bad in einem ausgehöhlten Stein.  Geben Sie ihr Blut den Insekten zur Nahrung.» 
    2. Takt (Verdichten) : « Gehen Sie vier Wochen lang garadeaus.»
    3.Takt (Zünden / Arbeiten): "Folgen Sie einer plötzlichen Eingebung.
    4.Takt (Ausstoßen):" Lassen Sie etwas zurück."
       Mittelkasten: "Führen Sie eine unbeschreibliche Handlung aus."

 

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