können diese organischen Strukturen aber auch als Zusammenbrüche des ordnenden Rasters gelesen werden, als eine Rückkehr oder Rückführung in den natürlichen, organischen Zustand. 

Ich selbst fühlte mich sofort an die verwüsteten Stahlbewehrungen erinnert, die nach dem Anschlag auf das World Trade Center aus dem Ground Zero ragten - so wie die Raster spontan die Assoziation mit Hochhäusern und die Installation Assoziation mit Straßenschluchten wachrufen.

Tatsächlich war ein Besuch in New York eine wichtige Inspiration für Sabine Rehlich - sowohl die beindruckenden Schneisen durch den „Großstadt-dschungel“ der Wolkenkratzer, also die Versuche, die urbane Wildnis zu ordnen, als auch die Stahlkonstruktionen, vor allem die der Art Deco-Zeit, in denen die organischen Formen des Jugendstils weiterlebten und die so wiederum eine angestrebte Synthese von menschlichem Konstruktionswillen und natürlicher Selbstorganisation in sich tragen.

In diesem Kontext kann man die „Zäsur“, den Einschnitt, die Schneise, die oft als etwas Destruktives,

als Ergebnis eines Akts der Verwüstung begriffen wird, als etwas Notwen- diges verstehen; etwas, das wir brauchen, um die Wildnis der natürlichen und menschlichen Wirklichkeit zu ordnen; um dem Menschen zu ermöglichen, das Unbegreifliche, das sein Ich vom Nicht-Ich trennt, zu überwinden, sich in der Wirklichkeit zu orientieren, sich wieder darin zu erkennen, damit er, wie Hardenberg, im Äußeren das in den Geheimniszustand erhobene Innere entdecken kann, und im Inneren das in den Geheimniszustand erhobene Äußere, und ihm dadurch ermöglicht wird, Ausgleich und Übereinstimmung seines Selbsts mit der umgebenden Wirklichkeit herzustellen.


In diesem Sinne spricht aus Sabine Rehlichs Bildern die Hoffnung, der Mensch möge imstande sein, eine Ordnung zu finden, die ihm erlaubt, in der Wirklichkeit heimisch zu bleiben oder wieder zu werden und auf diesem Wege zu überleben.




Dr. Thomas J. Piesbergen, November 2013
Die 10. Ausstellung im Jahresprogramm SCHNEISEN  des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Gefördert von der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und Bezirk Wandsbek 
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