Nr.2: Ich gehe jetzt über zu den politischen Ursachen des Misslingens dieses Experimentes:
Ich behaupte, dass, wenn wir hier jetzt hochqualifizierte Sovietologen, Wolfgang Leonhard als Beispiel, hätten, würde keiner von ihnen, die hochqualifizierte Bücher über die Sovietunion geschrieben haben, das Ihnen sagen können, was ich ihnen jetzt sage: man muss sich genau vorstellen, wie es Stalin damals, also Ende 20ger-Anfang 30ger bis 1936/38, als Bucharin erschossen wurde, ist das Ende dieser Periode, w i e Stalin die Menschen, die damals als Kommunisten mit dem Glauben an eine Zukunft sozialistischer, kommunistischer Art, in diese Partei eingetreten waren, wie er diese Menschen, also nicht Stalin allein, sondern er mit seiner Führung in der KPdSU, diese Menschen zu Stalinisten umfunktioniert hat.
Da möchte ich auch wieder ein Buch nennen.  Das Buch in deutscher Sprache ist Ihnen unter Umständen zugänglich, hier in Hamburg gibt es ein Institut für Sozialforschung.  Dort hat ein gewisser Müller-, mit meiner Hilfe ist er in die Geheimakten, die jetzt zugänglich wurden in Moskau, eingedrungen und hat ein unerhört tolles Buch veröffentlicht, des heisst Die Säuberung.  Ein Buch, in dem er nur ein Protokoll veröffentlicht hat, ein Protokoll, wie 20 deutsche Emigranten in Moskau, nicht irgendwelche, sondern die besten der besten Schriftsteller- Becher, Friedrich Wolf, Brehm, Johannes R. Becher... auf einer Versammlung 1936 in Moskau, eine Versammlung, die dauerte mehrere Tage, wenn man nachguckt, was die Leute mehrere Tage (....unverständlich) diese Menschen zu Stalinisten gemacht wurden.  Wie, das ist leider nicht vorbildlich.. Jeder von ihnen musste aufstehen, kurz seine politische Biografie erzählen und erzählen, wo und wann und wie er irgendeinen Trotzkisten gesehen habe, gesprochen hatte, ob er zu Hause Bücher von Trotzkij habe.  Und wenn er nur etwa eine halbe Stunde bis Stunde ausgesagt hatte- Johannes R. Becher, also Friedrich Wolf, der Vater von Marcus Wolf usw... ich meine seine Biografie mit seiner Abgrenzung gegen alle Trotzkisten, die er gesehen hatte in der Emigration in Prag, in Paris oder in Moskau beendet hatte, dann traten alle Anwesenden, j e d e r auf und sagte- hör mal Genosse, aber du hast doch nicht gesagt, dass du dort oder dann, da, war ich dabei, in Prag oder in Paris oder sogar in Moskau mit dem und dem ja in... zusammen warst. 

Das heisst also, die Menschen, die Persönlichkeiten, die freie Persönlichkeit dieses Menschen, des Schriftstellers, des deutschen Schriftstellers, ja, wurde gebrochen und sie wurde zu einer kleinen Schraube gemacht in dem großen Mechanismus dieser Zeit.  Das ist der Prozess der "Säuberung", der damals nicht nur ... das war nur eine Ausnahme, die ich jetzt gebracht habe, die in Berlin zugänglich ist.  Aber das waren Millionen Kommunisten, die alle ohne Unterschied 1926 die erste, 1928 die zweite, 1930 die dritte "Säuberung" durchgemacht haben, in dem jeder - ein Arbeiter, ein Bauer, ein Funktionär, ein.... -in dieser Weise sozusagen "umfunktioniert", umerzogen wurden, ja, unter dem Motto demokratischen angeblichen Zentralismus zu einfachen Soldaten dieses Systems des Stalinismus gemacht wurden.  Ich erzähle das gerade deswegen, weil das ist eine der schwierigsten Geschichten, wie man eine freie, kommunistische, ursprünglich freie kommunistische Bewegung zu einem Instrument des Terrors und des Stalinismus machte. Das ist nicht absolut auszu- schließen, dass solche Versuche auch in Zukunft gelingen.

Nr.3: Ich gebe noch ein drittes Beispiel-.
Es ist, die Frage, wie es Stalin gelang, den sog.  "Marxismus/ Leninismus", den ich hier in Anführungsstrichen nennen, in eine Theorie der Rechtfertigung seiner Politik, auch seines Terrors zu machen.
Leider ist es hier auch heute, bei den Genossen, sag ich mal so, die die DDR beherrscht haben, das haben wir, die Russen, denen so übergeben, diesen Marxismus/ Leninismus als eine Ideologie der Rechtfertigung zur Gründung des Stalinismus.  Das ist etwas, was im grundsätzlichen Widerspruch steht zu den ursprüngliche Ideen von Marx.  Das möchte ich abschließend mit zwei Themen belegen-.
Als ich dann nach dem Krieg - im Krieg war ich Dolmetscher der Roten Armee. Wenn man sich an das Nationalkommitée gewendet hat, haben sie mich..... zur Wehrmacht......... habe ich mitgemacht  - nach dem Krieg habe ich also Philosophie studiert in Moskau.  Das ist hier eine der letzten Arbeiten meines Vaters von 1941, mit einem Gedicht von Ludwig Reimers.  Das sich nämlich an die deutsche Wehrmacht wendete - wir leben nicht für die Kriegsindustrie sondern für die University. 

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