PROMENADOLOGIE 15.03.08
Ein Bericht.
Es war weder ein Schlendern mit Plaudern noch ein Promenieren, um gesehen zu werden.
PROMENADOLOGIE, die Wissenschaft vom Spazieren gehen, die der Leipziger Künstler Bertram Weisshaar in den 80-ger Jahren bei Lucius Burckhardt an der Gesamthochschule Kassel studiert hatte, und nun ab WS 2006/07 in Leipzig an der Uni selber lehrt, setzt eine bestimmte „Verfasstheit“ voraus, um einen Erkenntnisgewinn zu bringen..
Um diese „Verfasstheit“ ging es dem ehemaligen Landschaftsplaner Weisshaar, als er die Rezipienten seiner Spaziergangsaktion am Samstag, dem 15.03.08, von 15:15h - 17h, mäandernd zwischen dem großen „Windkanal“ Wandsbeker Chaussee und der "Ruheschleuse" Auenstieg, durch Eilbek leitete bis zum weiten Parkplatzdeck auf KARSTADT am Wandsbeker Marktplatz.

„ Ziel der Promenadologie ist das konzentrierte und bewusste Wahrnehmen unserer Umwelt und dabei das Weiterführen des bloßen Sehens zum Erkennen.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Promenadologie

Wunderbarerweise pausierten Regen und Sturm der vorangegangenen Tage, sodass die anfangs 19 Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich zu diesem Zweck unbeschirmt und trockenen Fußes auf den Weg machen konnten. Sie waren aus Altona und der Hafencity, aber auch aus Eilbek gekommen.
"Die Verfasstheit", die entstehen sollte, d.h. die Bereitschaft, Gesehenes zu verarbeiten, setzt voraus, nicht unentwegt zu schwätzen, sondern sich mit allen Sinnen ruhig der Situation zu öffnen. Ein „interesseloses Wohlgefallen“ beim Blick auf die Umgebung liesse den Blick auf so etwas wie Landschaft entstehen, 
referierte  Weisshaar, und meinte damit den Blick, welcher über größere Zusammenhänge schweift im Gegensatz zum fokussieren- den Blick des Schnäppchenjägers oder beurteilenden Spezialisten für Baumassen z.B..
So ging der Trupp interessierter PROMENADOLOGEN zügig durch die akustischen Räume. Von der lärmdurchbrausten Wandsbeker Chaussee durch den Auenstieg, wo es wohltuend immer leiser wurde, am Vogelgezwitscher der Eilbek vorbei wieder zurück zur Chaussee, die ab Ritterstraße den Autolärm durch die Rufe von Kindern, Eltern und weiteren Passanten modifizierte und sozusagen zu einem lebhaften Stadtkonzert Richtung Marktplatz erweiterte.

Um auf das Parkdeck des Kaufhauses zu gelangen durchquerten man die künstlichen Straßen des musibeschallten Innenraumes, wo Natur als gegerbte Lederjacke ihren Duft noch von der Stange her verbreitet. Oben angekommen erweiterte sich - in der Höhe zwischen Türmen und Dächern -  der Blick zum Weite suchenden Landschaftsblick. Die Verfasstheit hatte sich unterm Horizont vom Detail gelöst, ohne dieses zu übersehen.

Ca. 5-mal war die Gruppe zwischendurch stehen geblieben, um die Wahrnehmung gegenseitig abzugleichen oder zu erweitern. Ein seinen Dienst machender bürgernaher Beamter der Polizei blieb dabei einmal dabei stehen und berichtete von seinem profes- sionellen Gang, der den Zweck hat, Präsenz zu zeigen.
 
Einen Fahrstuhl im Kaufhaus völlig ausfüllend, entstand schließlich zwischen den Teilnehmern ein Interesse geleitetes Gruppengefühl. Bei Kaffee, Tee und Keksen im EINSTELLUNGSRAUM schließlich gab es die Gelegenheit, in entspannter Atmosphäre die jeweiligen Gesamtwahrnehmungen  zu formulieren.
Elke Suhr                                                                           back 


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