3. Muster zeigen

Bevor es um das thematisierte Läuterungsmuster geht, möchte ich den Begriff Muster als solchen klären.
Die befragte Suchmaschine wählte folgende Definitionen aus:

Ein Muster - von lat. monstrare = zeigen bezeichnet allgemein eine gleichbleibende Struktur, die einer sich wiederholenden Sache zugrunde liegt. Im übertragenen Sinne ist gemeint: eine zur gleichförmigen Wiederholung (Reproduktion) bestimmte Denk-, Gestaltungs- oder Verhaltensweise bzw. ein entsprechender Handlungsablauf.
de.wikipedia.org/wiki/Muster  11.06.11


Um ein Verstehen dieser Definitionsvorschläge vertiefen zu können, möchte ich aus dem schönen Werk von Christoph Grau: Pantheon-Projekt zitieren. Sein Pantheon-Projekt ist 2011 im textemverlag erschienen.  Es geht in dieser Arbeit um Grau's Auseinandersetzung mit der "phänomenalen Kraft der Architektur"* des Pantheon in Rom. (Bauzeit etwa 118 bis 125 n. Chr.)
Ich bin sehr dankbar, von Llaura I. Sünner dieses Werk geschenkt bekommen zu haben, im Besonderen, weil ich darin ein "Muster", eine vergleichbare Struktur gefunden habe, die auch dem noch vorzustellenden Läuterungsmuster innewohnt. Insofern habe ich die Ehre, mit Christoph Grau's Worten das zu übertragen, was ich mitteilen möchte.
Auf Seite 187 ist zu lesen:

Der Kunststudent aus Kagoshima, das ist eine Partnerstadt Roms in Japan, hatte ein zweimonatiges Stipendium erhalten und bewohnte seit einigen Tagen das Gäste-Appartement der L'Accademia Delle Belle Arti. Ich lernte ihn zufällig am Rande einer Fronleichnamsprozession vor dem Pantheon kennen, wo er neben mir stand und mich unvermittelt fragte, welches liturgische Gerät man denn dort gerade sehen würde, das, welches der Priester so ehrfürchtig mit verhüllten Händen vor sich her trug. "That is a Monstranz" sagte ich, "monstrare! showing!" Die Prozession zog weiter. "Is the opening in the roof of that church also called a Monstranz?", fragte der Japaner nach einer Weile und deutete auf das Pantheon. "That is called an Opeion."

Mir gefällt an dieser kleinen Geschichte die Hybridisierung von Sprache, welche Verständigungsmuster entwickelt hat wie den Begriff Monstranz, - der sprachgeschichtlich mit MUSTER verwandt ist -  und das Bildmuster Monstranz, das ja offen das zeigt, woran alle glauben, das aber nur der sieht, der eben weiß, was es da zu sehen gibt und.... möglichst auch noch daran glaubt. Der nicht Eingeweihte sozusagen, wie der junge Japaner, sieht nur die äußere Struktur, die ihn die Monstranz mit dem Architekturauge, dem Opaion im Pantheon, verwechseln lässt. Ob dies wirklich eine Verwechslung ist, zu diskutieren überlasse ich gern Christoph Grau, der in der Folge des weiteren Textes wunderbare Anmerkungen dazu macht.
Eigentlich könnte ich mit meinen Ausführungen hier schon aufhören und einfach zum gemeinsamen Lesen von Christoph Grau's Pantheon-Projekt auffordern. Dann müsste ich aber den Ottomotor vergessen, den ich ja hier als weiteres Muster anzumerken angekündigt hatte und der das Problem ist, welches mir am Herzen liegt.
4. Läuterungsmuster

Ein ganz besonderes Muster, also nach der bisherigen Definition 'eine zur gleichförmigen Wiederholung bestimmte Denkweise', die ....Läuterung erwirkt.
Läuterung, was ist das? Ein ungewöhnlicher Begriff.
Umgangssprachlich geläufig ist "lauter" (nicht das Gegenteil von leise) sondern 'lauter' im Sinne von 'ausschließlich': Wo ich hinsah...lauter Sterne.
Wenn unter besonderen Zielsetzungen davon ausgegangen werden kann, dass nicht alles 'gleich'gültig ist, dann spielt die Auswahl eine Rolle, dann geht es darum, zu erfahren, was denn übrig bleibt, wenn das nicht Gewählte abgefallen ist. Lauter Gold, -reines Gold- wird hoch geschätzt, z.B. von den Kindern, die die Geschichte von Frau Holle hören und dabei beobachten, wie es Goldmarie und Pechmarie ergeht.
Wie anfangs in den Anmerkungen zu Pluto ausgeführt, springt Goldmarie in den Brunnen, in den Keller  des Unbewussten, und findet - geleitet von ihrem guten Herzen und Frau Holle - (gleich dem Helden Herakles) wieder auf die Erde zurück, wo sie mit 'lauter' Gold überschüttet wird.
Das hier zu sehende Bild des Läuterungsmuster, dessen lateinische Beschriftung zum besseren Verständnis ins Deutsche übersetzt ist, stammt von Thomas Norton (1433-1513) einem englischen Dichter und Alchemisten. Er ist bekannt als der Autor des Ordinall of Alchimie (1477) (Ordnung der Alchemie), ein alchemisches Gedicht von ca. 3000 Zeilen.
Das Läuterungsmuster, das per definitionem etwas vorführt, ist in seiner Bedeutsamkeit, Auswirkung und Komplexität dichterisch gefasst in Dantes Göttlicher Komödie (von1307-ca.1320). Dante beschreibt letztlich im Rahmen der bez. Struktur, den Weg des Helden, geleitet nicht von Athene, sondern von der geliebten Beatrice und dem Dichter Vergil durch die Hölle, den Abgrund, das Dunkel über den Läuterungsberg bis zum Paradies:  'Voran! Der lange Weg machts uns zur Pflicht!'.
In zeitgenössischer Sprache habe ich eine andere Er-Läuterung - will meinen Ideenreinigung - vorgefunden nämlich den von Peter Sloterdijk verfassten Aufsatz in der Berliner Tageszeitung vom 10.04.11. Er äußert sich darin zur Tyrannei des Realen, zum Phänomen des Liberalismus, wohl wissend, dass er damit in gewisser Weise seine Leser provoziert. Vorab sagt er: 'Liberalismus bedeutet Generosität, nicht Gier'. "Er (der Liberalismus) ist die Gesinnung, sich am Besseren zu orientieren, am Schwierigen", wie er später ergänzt, "eben weil sie (die Gesinnung) frei genug ist für das weniger Wahrscheinliche,...das weniger Allzumenschliche.' (was P.Sl. nicht allein den Parteien überlassen möchte, weil es zu wichtig sei.)

Christoph Grau - zum Vergleich hier nochmals angeführt- schreibt  a.a.O auf Seite 190:

"Es scheint überall auf der Welt eine gewisse Kulturtechnik des Schlüpfens zu geben, eine Art geistige Zellteilung, die dadurch ermöglicht wird, dass mit der Erfindung eines geeigneten Übergangsfensters die Verbindung des Physischen mit dem Geistigen simuliert wird."

Ergänzend noch Dantes letzter Vers des Kapitels Hölle: "So ging es, er der erste, ich der Zweite, So lang, bis ich dann blickte in der Ferne des Himmels Schmuck durch eines Loches Weite: Dort schritten wir hinaus, zu schaun die Sterne."

*a.a.O.S.22
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