Resümee zum Vortragsabend am 17.06.04 im EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Elke Suhr
6.07 2004

Ich maße mir nicht an, das komplexe Phänomen, das am Abend von unterschiedlichen Standpunkten aus betrachtet wurde, zu vereinfachen.
Ich erlaube mir jedoch, einige Fäden aus dem Stoff zu zupfen und zusammenzuzwirbeln. Damit bleiben die Theorieansätze nebeneinander oder komplementär bestehen, können darüberhinaus profliert werden, bzw. Kongruenz erfahren.

Der Ausstellungstitel von Uwe Ochsler STOFFWECHSELSTOFF implizierte den Begriff des Prozesses. Stoff wechselt im Entwicklungsprozess in einen andern über, unaufhörlich. 
Das Individuum erlebt ein Ende dieser Entwicklung, wie es Frau Lohmann aus naturwissenschaftlicher Sicht  ausführte. Die Stoffe, aus denen der Körper entstand, bleiben jedoch weiter in diesem Stoffumwandlungsprozess enthalten.
Über den besonderen Fall des Mobilisierungsprozesses einer Maschine informierte Herr Hochstein. 

Oliver Ross distanzierte sich als lebendiger Mensch und Künstler vom ungeprüften Konsum der Begriffe und Darstellunsweisen und stellte die künstlerische der wissenschaftlichen Betrachtung gegenüber. So brachte er die Betrachtungsweise des künstlerischen Erlebens ins Gespräch, sich unterscheidend vom distanzierenden Begriff der Wissenschaftlerin, Frau Lohmann, die den Stoffwechsel als ein Kraftwerk desLebens bezeichnete.
Dieses Erleiden der Naturhaftigkeit am eigenen Leib als eine Erscheinungsform des Erlebens,wie Oliver Ross sagte, gehört zum Gärungsvorgang,  wie Sigrid Puntigam in ihren Ausführungen anmerkte, in denen sie u.a. der Historie des Begriffs nachging, ein Gärungsvorgang,der viel mehr ist als ein Winzer handhaben oder ein Politiker steuern, sondern von dem die Person, das Individuum in Gänze ergriffen wird in ihrem intendierten Streben (H.Schiff und U.Lohmann) nach Entwickelung (J. Beuys).
Hajo Schiff stellte dem von Sigrid Puntigam zitierten Bild der Rose nach Gottfried Keller -als Modell für Leib, Ganzheit  - das künstliche kalte Tier der Maschine gegenüber, dessen Gefahr die Selbstreferentialität sei, also Streben ohne Hingabe(?). (Während ich diese schreibe, fährt draußen ein Rettungswagen vorbei) 

Die Bewegung als Möglichkeit der Selbsterkenntnis, des Gewinnens eines Verhältnisses 
(Oliver Ross) zu sich selbst, das Haltungen hervorbringt, die kein Stoff mehr sind (Hajo Schiff), Erkenntnisse meta-physischer Zusammenhänge, der Erkenntnis des ganz Anderen, der "Welt" auch des andern Menschen, wie Hajo Schiff anmerkte, das Streben nach Veredelung, der Verbesserung der eigenen Art  über den eigenen Tod hinaus (U. Lohmann) ist Anlass und Ziel solcher Gärungsprozesse seit jeher. Solche Prozesse gehen nicht einher mit Komfort und Bequemlichkeit,wie es Herr Hochstein beschrieb. Die List des die Maschine handhabenden Menschen (J. Lyotard*), mit Komfort und Bequemlichkeit stärker als der Stärkste zu sein entspringt -so Lyotard- dem Wunsch nach Überwindung von Ohnmacht, koste es, was es wolle.
Verständlich wie das ist im Angesicht der Vergänglichkeit im Prozess, so führt es doch nicht zum Umwandlungsprozess, dem Verbrennen von Gewohnheiten zum Zwecke der Veredelung. 
Der Stoffwechsel im geschlossenen System des Otto-Motors, unabhängig von irgendwelchen Himmelsrichtungen (M. Hochstein) als freigesetztes Kraftwerk sozusagen, steht dem offenen System Mensch zur Verfügung. Die Veredelung der Materie zu Geist (H.Schiff), der kein Stoff mehr ist, findet kein Analogon in der Umwandlung von Benzin in Abgas, möglicherweise jedoch von Benzin und Luft in Bewegung, wenn diese Bewegung Illusionen entschleiern hilft (H.Schiff).

* Jean-Francois Lyotard "Wo bestimmte Trennwände als potentielle Junggesellenelemente einfacher Maschinen betrachtet werden" 
in: Junggesellenmaschinen / SpringerWienNewYork Erweiterete Neuausgabe1999 S.158 
 

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