Sinne und Sinnlichkeit im Shared Space
von Johannes Lothar Schröder


Nach der Sommerpause setzen wir Shared Space mit INTER, einem Ausstellungsprojekt von Julia Bonn und neun weiteren KünstlerInnen und ForscherInnen, fort. Dazu erwarten wir am Wochenende, in der kommenden Woche und am Tag der Finissage sieben weitere Beiträge über sieben Sinne.

Heute steht aber zunächst die Eröffnung der Ausstellung mit Objekten und Installationen von Mika Neu mit Videos von Sonja Vohland und Julia Bonn und einer Astprothese an, die Stefan Hauberg und Julia Bonn am 18. September zum Reparieren von Stadtbäumen benutzen werden.

I.    Räume erfassen und darstellen

Über diese vier Ansätze wäre schon abendfüllend zu reden. Weil aber die genannten KünstlerInnen in Kürze selbst zu Wort kommen werden, möchte ich zunächst nur etwas Grundsätzliches sagen, ehe ich dann im Einzelnen auf die hier ausgestellten Arbeiten zu sprechen komme. Das gesamte Projekt ist in seinem Umfang und mit der Ambition, die Möglichkeiten einer gemeinschaftlichen Autorenschaft zu erproben, zwar ein Wagnis, aber keinesfalls willkürlich zusammengestellt. Es handelt sich um Arbeiten über variable Räume und die Sinne. Räume können extrem reduziert, abstrakt und minimalistisch mit wenigen grafischen oder physischen Hinweisen markiert sein
-    performativ (Gesten, Wege, Worte)
-    deskriptiv (Beschreibung, Erzählung, Bild)
-    zeichnerisch (Aufriss, Kartografie)
-    mathematisch (Formel)
oder in komplexer Weise historisch und kulturell dargestellt werden

Eine minimalistische Darstellung hat Sonja Vohland gesucht. Ihr Video zeigt ein Metallstück, das schwingend einen Raum beschreibt. Es steht im Dialog mit dem Video eines rhizomatischen Geflechts aus Fugen zwischen Natursteinplatten von Julia Bonn. Im ersten Fall bleiben Raumvolumen und -form variabel, denn eine schwingende Membran bestimmt diese nur so weit, wie es die Elastizität des Metalls zulässt. Die Kamerafahrt über das Geflecht aus Steinzwischenräumen durchstreift den Raum entlang vorhandener Bruchlinien. Der Weg führt in wechselnde Richtungen und hinterlässt ein Muster, dessen Raum eine noch zu schaffende Kartographie bestimmen müsste. Rhizomatisch verhält sich auch das Aststück mit Zweigen. Seine Verästelungen verweisen auf die Erschließung des Raumes durch Wachstum, das als Antrieb der Pflanzenexistenz danach strebt, eine möglichst optimale Beleuchtung für die Belaubung zu finden. Konkret ist das Objekt Bestandteil der Aktion „Grüne Flucht“ von Julia Bonn und Stefan Hauberg, die diese Struktur zum Anlass und als Startbasis für Aus- und Aufstiege aus den Niederungen des Straßenverkehrs nehmen. Nachdem ein entasteter Straßenbaum mit dem ausgestellten Ast repariert worden ist, kann er erklettert werden und ermöglicht einen Aufstieg aus der horizontalne Bewegungsrichtung auf der Straße in die Vertikale. Diese Kooperationen zwischen Pflanzen und Menschen im Stadtraum bezieht die Vertikalität von Pflanzen in den shared space ein.

(An dieser Stelle erläuterte Julia Bonn die weiteren Veranstaltungen im Rahmen von INTER.)

Mika Neu befasst sich in dieser Ausstellung mit parasozialen Interaktionen von Menschen im Shared Space, und wir stehen hier schon mitten in einem mehrere Objekte umfassenden Versuchsaufbau.

Die 7. Ausstellung im Jahresprojekt shared space 2009 des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Vernissage
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