Geisterfahrer / Fotoinstallation
Annalena Grau

12.05.-24.06.2005

Geehrte Gäste, liebe FreunInnen des
EINSTELLUNGSRAUM e.V., seien Sie herzlich willkommen.


Ich spreche hier in Vertretung von Franziska Glozer, die kurzfristig erkrankte. Ein kurzer Text von ihr zur Ausstellung liegt hier aus. Nun habe ich die Ehre, Sie in die Ausstellung von Annalena Grau einzuführen. Es ist mir eine Ehre und eine Freude, eine so junge Künstlerin mit ihrer ersten Einzelausstellung bei uns vorstellen zu dürfen.
Und das zu einem so kontroversen Thema wie dem vom PARADIES und AUTO:
GEISTERFAHRER nennt sie ihre Installation: Der Schrecken jeden Autofahrers, wenn einer sich nicht an die Regeln hält, bzw. diese durch sein Verhalten außer Kraft setzt.
Mit Auto hat das was zu tun. Auch mit dem Paradies?
Wir werden sehen.

Zuerst mal, was finden wir hier vor?
Annalena Grau hat sich zum Paradies nicht mit Engeln oder Göttern auseinandergesetzt sondern mit dem Maulwurf, dem da unten im Dunkeln, der selber nicht sehen kann und den wir normalerweise auch nicht zu Gesicht bekommen, weil er zwar Spuren hinterlässt, aber immer nur unter der Oberfläche rumort.
Wie kommt sie diesem Unsichtbaren auf die Spur?. Sie sagt in etwa, wenn man mehr wahrnehmen will, als sich normalerweise zeigt, muss man drunter schauen, unter die Oberfläche.
Wie geht das?   
Zunächst geht Annalena quasi wissenschaftlich vor: macht mapping, kartographiert, registriert, fotografiert. Aber auch dabei sieht sie unter oder an den Rand des methodischen Systems, das sie immer wieder stört durch den Wechsel des Focus z.B.wie hier neben der Mauer, wo plötzlich ein weiter Horizont auftaucht, obwohl es doch um die Maulwurfshaufen geht....
...im Schnee, der wie eine weitere Ebene über der Erdoberfläche liegt, diese einerseits als Fläche charakterisierend, aus der Nähe des Fotoausschnitt betrachtet aber auch ein Wolkenmeer sein könnte.
Oben wie unten? Die Wissenschaftlerin als Geisterfahrer im Transformations-prozess, die Künstlerin cross over im Tatsachenbericht?
Gültiges über Paradiesisches auszusagen ist Annalena Grau nicht bereit. Der Begriff ist ihr diffus. Sie ist auf der Suche, dem
Weg, der Leben ausmacht, um Wahrheit zu befragen....
....ganz subjektiv ihre eigene und die, die quasi objektiv vorzufinden ist.
Die Maulwurfshaufen wurden in einem speziellen Verfahren abgeformt und in Bronce hier auf das Kachelraster installiert, stellvertretend für Landkarten-messtische, auf die Maulwurfsspuren eingetragen, die unsichtbaren Wege dieser unter
Naturschutz stehenden Tiere offenbaren würden.
Wie kommt Annalena Grau nun ihrem eigenen,  inneren Aufbruch auf die Spur?
Wie durchbricht sie die festgetretene Grenze der überlieferten Denk- und Arbeitsmuster?
Es ist schon sehr verwegen, geisterfahrermäßig sozusagen, so bröckelige, randlose Dinger wie Maulwurfshaufen zur Form zu erklären und in Bronce zu gießen. Wie sie das gemacht hat, können Sie sie ja selber fragen.
Es ist m.E. auch sehr verwegen, als junge Frau allein mit dem VW-Bus durch das englische Inselreich zu fahren bis nach Schottland.
Am Fuße des Regenbogens ist sie dann ausgestiegen. Und dieses Bild entdecken wir im Keller, sozusagen neben dem "Wohnzimmer" des Maulwurfs und da  werden wir fündig, was das Verborgene angeht.
Wir sind inzwischen gewohnt in Plateaus oder Plattformen zu denken.  Für sich selbst aber den Übergang von einer Eben in die andere zu finden, ist eine andre Sache.
Hier auf den Kacheln sehen wir sozusagen die oberen Schichten: das vernünftige Raster, die wissenschaftlichen Ansätze, die erprobten bildnerischen Methoden mit ihren Rändern, dann aber auch- als Durchbruch der darunter liegenden Zone gleichsam- die durch die Kacheln sozusagen von unten aufgeworfenen Hügel, hier erhärtet, zur Ware kristallisiert, mit Erinnerungswert;  dazu den gegen die Grenze gefahrenen Wagen, welcher nach unten in die nächste Ebene des Kellers verweist, - wo es gar nicht so dunkel ist, sondern mit dem Zeichenstift alle Muster durchwühlt und frei und
überraschend verknüpft werden: sozusagen in einem inneren Lichtraum alles möglich ist: die Wege des französischen Parks den Maulwurfsgängen anverwandelt werden (Schrecken jedes Gärtners nebenbei gesagt), die Qualle mit dem Maulwurfshügel zu verwechslen wäre und nahe am Licht Synapsenstränge zur DNS-Spirale generieren.
Ein echtes Feldbett steht da. Ist grasgrün oder militärisch karg? Geht es um Kampf?  Um Vorläufigkeit sagt Annalena. Die Geisterfahrerin auf der Suche nach dem eigenen Weg kann hier ausruhen, um zu sich zu kommen, eigene Ordnungen zu erproben, die den Blick des Betrachters in fokussierenden Punkten immer wieder konzentrieren, um neu aufzubrechen, durchzubrechen zur nächsten Schicht zwischen fühlen und denken. Im Halbschlaf geht das Gehirn von beta nach alpha wie bekannt und da gelten keine Straßenverkehrsregeln. Da ist es aber auch möglich etwas wahrzunehmen, was das Auge nicht sieht. Francisco Goya hatte am Ende des 18.Jhdts. formuliert, dass "der Schlaf der Vernunft Ungeheuer gebiert".

Annalena lässt die Welt der Begriffe nicht einschlafen, zieht aber den unsichtbaren Vorhang zur Bilderwelt beiseite, sodass sie in ihrem inneren hellen Raum an der Grenze mit beiden spielen kann, die eine die andere als verwandt erkennt. Der Zustand, der Intuition möglich macht, eventuell der Zugang zum Paradies? Und das hat nichts mit Alter zu tun. Es ist aber ein Wunder, wenn es gelingt.

Annalena ist heute unterwegs zwischen Wissenschaft und Kunst und sie hat sich selbst
dabei, und ist höchst aufmerksam bereit, von innen geleitet die Muster zu beleben, was eventuell als Störung wahrgenommen wird.
Das Auto liefert dabei nur "andere" Bilder, als wenn sie aussteigen und das Stativ aufstellen würde.
Ich wünsche Annalena weiterhin soviel Wachsamkeit nach innen und außen und fortune auf ihrem Weg...
Und uns einen belebenden Abend mit Hilfe der Treppe zwischen oben und unten.

Zum Schluss sei auf die Finissage am 24.06.05 verwiesen, wo zum Begriff der Wahrnehmung hier ein interessantes Podium veranstaltet wird.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
E. Su.

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