Eine
Dichtung müsste ohne Worte sein Wie der Flug der Vögel Archibald Macleish Schwerelos
Vogelgesänge und Gedankenflüge Johannes Lothar Schröder zur Ausstellung Himmelfahrten von Andrés Galeano Mit Fliegen kennen wir uns aus, und die Ornithologie ist gut vorange- kommen. Heißt das aber, dass wir schon genug über Vögel wissen? Die Ausstellung Himmelfahrten von Andrés Galeano lässt da Zweifel aufkom- men. Aus künstlerischer Sicht öffnen seine Arbeiten Türen in Bereiche, die dabei sind, in Vergessenheit zu versinken. Im EINSTELLUNGSRAUM zeigt er zwei Videos, eine Anzahl Montagen von Abbildungen aus verschiedenen Publikationen über das Fliegen und ein Objekt. Letzteres besteht aus dem Körper eines gekreuzigten Christus, der vom Holzkreuz abgelöst und an einer Feuerwerksrakete befestigt wurde. Eine Vielzahl von Assoziationen und Bezügen stellen sich nicht nur bei der Betrachtung dieses Objekts ein, wobei schon der Ausstellungstitel Himmelfahrten sowohl religiöse wie auch profane Themen aus dem Bereich der Fliegerei signalisiert. Dazu erklingt vom Bildschirm Vogelgezwitscher. Doch der Reihe nach. Wenn ich den Künstler zunächst vorstelle, wird deutlich, dass er in ganz unterschiedlichen Funktionen - unter anderem auch als Kurator - tätig ist. Nach seinem Philosophiestudium an der Universität Barcelona, studierte er Fotografie in Stuttgart und war danach in Bildender Kunst in Bologna eingeschrieben. Von dort ist Galeano nach Berlin gezogen, wo er an der Kunsthochschule Weißensee sein Diplom aufgrund seiner These über Performancedokumentation als Kunstwerk verliehen bekam. Am Grimmu- seum organisiert er seit 2010 in monatlicher Folge die „extensions - series“ mit Ausstellungen, Vorträgen, Performances und Installationen. Aufmerk- samen Besuchern ist nicht entgangen, dass er schon im Dezember 2010 im EINSTELLUNGSRAUM im Rahmen des Performanceprojekts Aktionen 3 mal wöchentlich mit seiner Performance „1+1+1+1+1“ vertreten war. |
Für seine aktuelle Ausstellung
schöpft er aus seiner Sammlungstätigkeit, die er im Zuge
der Erforschung des Fliegens, des Vogelmenschen und des
Wesens der Vögel aufgenommen hat. Auf diesem Feld
interessieren ihn die Mythen, der Wunschtraum vom
Fliegen und die Versuche zu seiner Verwirklichung. Die
zahlreichen von ihm gesammelten Abbildungen kombi- niert
er ad hoc zu visuellen Statements, die als Elemente
eines Bilderat- lasses über das Thema betrachtet werden
können, wie die Darstellung der Stigmatisierung des
Heiligen Franz von Assisi durch Spiegelung der Wund-
male eines an sechs Flügeln am Himmel schwebenden
Christus zeigt, die mit einem Tänzerpaar kombiniert ist,
das mit ausgebreiteten Armen hinter- einander steht.
Weiterhin sind ein Luftballon, der von zwei Vögeln
gezogen wird, und eine Serie unterschiedlich starker
Vogelringe zu sehen. Diesen Abbildungen ist die
mechanische und symbolische Verbindung zwischen
Flugwesen mit Dingen oder Menschen gemeinsam. I. Beschleunigung von Leben und Gesang Neben den unmittelbar dem Fliegen zuzuordnenden Themen gehört für Galeano auch der Gesang der Vögel, also ihre Sprache, dazu. Das Video, das den Künstler, in einem gelben Pullover den Gesang des „Harzer Rollers“ praktizierend, zeigt, ist als eine Performance des Vogelmenschen zu betrachten. Der Name spielt auf den besonderen gelben Farbton dieses Hybriden des Kanarienvogels an, der wie andere Züchtungen dieser Finkenart ein wichtiges Exportgut der Kanarischen Inseln war. Da von dort nur die Hähnchen exportiert werden durften, die zum geschätzten hellen facettenreicher Gesang befähigt waren, ließ sich die Verbreitung des Kanarienvogels lange Zeit kontrollieren. Die Tradition der Vogelhaltung und -züchtung darf hier nicht vernachlässigt werden, denn zu dem im Video hörbaren Gesang bedufte es der Nutzung der präzisen phonetischen Umschrift des Gesangs verschiedener Singvogelarten, die durch Vogel- züchter und -halter vorgenommen wurde. Diese veranstalten bis heute in Galeanos Heimat Katalonien Gesangswettbewerbe mit ihren Haustieren, wobei es nicht nur auf die Ausdauer der Vögel ankommt - Wer am längsten singt, gewinnt! - sondern auch auf den Variantenreichtum der Töne und Melodien sowie die Koloratur des Gesangs. |
Dokumentation Andrés
Galeano |
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