Liebe Gäste und Freunde des EINSTELLUNGSRAUMES,

recht herzlich mšchte ich Sie heute im Namen unseres Vorstandes hier begrüßen. Carl Vetter hat uns im Rahmen unseres Jahreskonzeptes das PARADIES UND DAS AUTO eine sehr überraschende Ausstellung inszeniert.

Ich möchte Sie nun in wenigen Worten darauf vorbereiten.
So lichtdurchflutet, wie das Paradies meist imaginiert wird, so tiefschwarz ist diese Situation hier.
Total, wie der Jenseitiges berührende Begriff, so total ist auch diese Installation. Vom eigentlichen Ausstellungsensemble ist fast nichts geblieben.
Dunkel und massiv weitet sich das Schwarz des Kellers in die Straßenzone, total alles überlagernd überdeckt der Straßenlärm die Ausstellungskontemplation und verebbt erst in der tieferen Etage .
Hinter der Glasscheibe draußen rasen die Maschinen-Giganten auf ihrer Bahn, als ob dies hier alles nicht wäre.
Wo sind wir hier? Anscheinend in einer Vor-oder Eingangshöhle. Schattenhaft nehmen wir uns gegenseitig wahr, der Blick vermag wenig, wird von Bildern nicht gerade überflutet, um so bedeutsamer wird das wenig Wahrnehmbare. Kryptisch schließt sich nach unten eine zweite Höhle an.

Bevor der Besucher, die Besucherin sich in diese kryptischen Gefilde zu begeben wagt, schweift der Blick umher, und sieht sozusagen - nichts.  Man könnte auch die Augen schließen. Es ist aber, oft wie im Schlaf auch so, dass man weiß, dass man die Augen geöffnet hat und dennoch nichts sieht. Dieses Innen wie Außen ist hier Programm. Wir begegnen hier nicht dem fremden Blick an der Schnittstelle der Bildoberfläche, sondern blicken quasi aus den Augen des Mannes auf C.D. Friedrichs Felsen.
Die Black-Box wurde gleichsam nach Außen erweitert, sodass die Besucher sich sozusagen gemeinsam im Inneren des Anderen umschauen können. Umschaun? Es geht mehr um ein empfindungsmäßiges ausloten, erspüren.
Sigmund Freud verlegte Platons Erkenntnishöhle als Black Box in das menschliche Innere des seelischen Wahrnehmungsappparates, eine Analogie zum damals neuen Fotoapparat. Im Inneren des Apparates ist es tiefschwarz, damit dort auf einer empfindlichen Schicht die blitzartigen Lichtreize sorgfältig nacheinander gespeichert werden können. Freud dachte damit die Metapher der Wachstafel neu, der Tafel, auf die Signale eingeritzt werden, um nach Ablösung der Pergamentschicht im Wachs der Seele als Potential vorhandenzubleiben, obwohl sie an der Oberfläche nicht mehr sichtbar sind.

VERGLEICHBAR  ganz auf Empfang gestellte Zeichen finden wir hier an den Wänden, schwarze Spiegel, die wie Horizonte angeordnet den Blick  nicht in räumliche Weite entlassen, sondern einfach als Zeichen -auf Entstehung verweisend-  sind,     Speicher, hermetisch und offen zugleich.
In ihrer Anwesenheit und Erscheinungsform legen sie im Wahrnehmungsapparat des Betrachters, oder auf seiner inneren Wachstafel ein Muster an, das diesen in die unteren Räume begleitet.
Nach dem Einstieg unter dem Horizont hindurch in die tiefere Ebene sollten sich möglichst nur 5 Personen zur Zeit unten aufhalten, möglichst still, um den Prozess der Innen-Außenschau an sich selbst beobachten zu können.
Sie werden unten eine Spur finden, die Carl Vetter zum Thema offenbart hat.
Eine ganz persönliche Erinnerung aus seiner Kindheit in Weimar, die im fahlen Schein des inneren Speichers auftaucht, fragt nach dem, wo es überhaupt hingeht, was einen denn da so antreibt.
Jemand hat mal gesagt: Die Erinnerung ist ein Paradies, aus dem einen niemand vertreiben kann. Carl Vetter stellt ausdrücklich in Frage, ob das, was man da sieht, paradiesisch ist oder war. Das Bild erscheint...in der Black Box... gespeichert, wartend, entschlüsselt bzw. aktiviert zu werden.

So wie Carl Vetter hier sehr empfindsam eine innere Landschaft veräußert, so erinnert er das, was er außen vorfindet. Sehr behutsam geht er mit der sogenannten Natur um, die er als Landschaft erlebt.  Im Gegensatz zu Land- Art- Künstlern der 60ger und 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts wie z.B. Walther de Maria oder Michael Heizer geht es ihm nicht darum ein sog. Chaos auszugrenzen, indem er ein Metrum darin installiert. Die romantisch Trennung zwischen Natur und Bewußtsein interessiert ihn in ganz anderer Weise: " Kein zurück zur Natur - aber ein Wieder Näherkommen durch sich Aussetzen, sich selbst als Teil von und in Natur erfahren, ein Vergewissern der eigenen Existenz an Natur," Zitat Carl Vetter in einem Katalog von 2003 über den Umgang mit Natur....und weiter: "dem Betrachter die Möglichkeit ... geben, sich selbst in einem natürlichen, veränderten Umfeld zu erleben".

In diesem Sinne wünschen ich Ihnen, dass Sie in dieser Dunkelheit mit sich selbst erhellende Erfahrungen machen.
Dank an Carl Vetter für diese Impulse und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Getränke sind hier oben zu erwerben, Rauchen bitte nur auf der Straße und... berühren Sie unten bitte außer dem Vorhang zur Toilette keine Folien. Diese sind- wie alles - sehr empfindlich.                                                
3/2005 E. Su.

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