Den
angesprochenen „Un-Orten“ ist zwar eine Funktion zu
eigen, kennzeichnend für
sie ist aber das weitgehende Fehlen einer kulturellen
Bedeutung (vergl.„The
Geographie of Nowhere“, James Howard Kunstler). Für die
Architektur bedeutet
das, es gibt keine physischen Marker, die ein kulturell
bedeutsames Handeln
implizieren. Das, was von diesen strukturierenden
Strukturen der Un-Orte
öffentlicher Transportsysteme als kulturelles Muster
reproduziert wird, ist
also reine, bedeutungsleere, und damit unmenschliche
Funktionalität. Betrachtet
man also diese Un-Orte im Hinblick auf die reziproke
Eigenschaft als
strukturierende Struktur wird sofort ihre Dissoziation
von einem unmittelbaren
Rückkoppelungsprozess deutlich. Ihre Gestalt wirkt
unbedingt strukturierend,
läßt aber keinerlei akute Strukturierung ihrer selbst
zu. Unter dem
Gesichtspunkt kultureller Rückkoppelung kann man diese
Un-Orte also ohne
weiteres als totalitäre Strukturen ansprechen, die dem
menschlichen Bedürfnis
nach kultureller Bedeutsamkeit nur dann nachkommen, wenn
es funktional oportun
ist. Die
übliche Strategie, mit denen das postindustrielle
Individuum diesen totalitären
Alltagsumgebungen, speziell den Innräumen des
öffentlichen Nahverkehrs,
begegnet, könnte man als „Park & Hide“ bezeichnen.
Denn das Individuum
vermeidet, ohne formgebende kulturell bedeutsame
Übereinkunft, Blick- und
Körperkontakt, zieht sich zurück, versteckt sich,
kapselt sich von seiner
Umwelt ab, ist nicht mehr als soziales Wesen
ansprechbar.
Man
flieht bestenfalls in Zeitungen oder in Bücher - als
Variante „Park & Read“
- oder seit einigen Jahren zunehmend in die digitale
Parallelwirklichkeit
mittels Smartphone, in der einerseits die Tyrannei
der Intimität ihre
endgültige Emanation im Form sog. „sozialer Netzwerke“
gefunden hat,
andererseits die Entgrenzung des Intimen atemberaubend
voranschreitet - der
Un-Ort U-Bahn wird hier also genutzt als Übertrittsort
in eine substanzlose
pseudo-private Gegenwirklichkeit: „Park & Slide“. Das
Smartphone als Computerspielkonsole bietet dazu die
eskapistische Variante des
„Park & Fight“. All
diese Strategien bestärken die Verhaltens-, Denk- und
Wahrnehmungsmuster, die
Lawrence Durrell als das „dunkle Labyrinth“ bezeichnet
hat: das
idiosynkratische Gedankengebäude, in dem sich der
Mensch vor sich selbst und
seinen Mitmenschen versteckt; das psychologische
Gefängnis, das ihm unmöglich
macht, zu einer wahrhaften Selbstwahrnehmung und
Kommunikation mit anderen zu
gelangen.
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Da
die Strategie des „Park & Hide" einem störungsfreien
funktionalen
Ablauf zuträglich ist und die unkalkulierbare
Eigeninitiative der Fahrgäste
einzudämmen hilft, wird sie nach Kräften durch das
sogenannte
„Fahrgastfernsehen“ gefördert, das inzwischen nicht nur
in U-Bahnen, sondern
auch schon auf manchen Bahnhöfen eingesetzt wird. Durch
Werbeclips und weitgehend
inhaltsleere Informationsklischees wird der Fahrgast
dazu eingeladen, sich in
einen pflegeleichten und sozial nicht mehr präsenten
Standby-Modus zu begeben.
Welche
gravierenden Konsequenzen diese soziale Abwesenheit an
den öffentlichen
Un-Orten des ÖPNV haben kann, zeigen immer wieder die
unerträglichen Beispiele
der Gleichgültigkeit bei gewaltsamen Übergriffen in
der Bahn. Geparkt ist hier
offenbar nicht nur das individuelle Verkehrsmittel der
Fahrgäste, sondern auch
gleich deren Mitgefühl, Zivilcourage und soziale
Verantwortung. Schließlich ist
man ja gar nicht da; man ist in der Bildzeitung, man
ist auf Facebook, man hat
gerade das 6. Level erreicht, man ist noch bei der
Arbeit oder bereits zuhause
beim Vorabendprogramm. Da
die Isolierung des Individuums in unserer Gesellschaft
zum Glück aber noch kein
abgeschlossener Prozess ist und der Verfall und die
z.T. sogar gezielte
Unterbindung öffentlichen Lebens durch repressives
Reglement und entsprechende
Raumgestaltung es noch nicht geschafft haben, das in 2
Millionen Jahren
entstandene Bedürfnis nach Gemeinschaft und spontaner,
bedeutungs-generierender
Interaktion zu unterbinden, gab es und gibt es immer
wieder Formen einer
kulturellen Selbstorganisation, die gezielt oder
unbewußt den „befriedeten“ und
kontrollierten öffentlichen Raum zurück erobern.
Da
keine faktische Umstrukturierung der vorgefundenen
Gestalt des öffentlichen
Raums vorgenommen werden kann, müssen die
strukturierenden Strukturen der
angesprochenen Un-Orte umgedeutet werden. Eine
recht häufige Variante dieser Umdeutung ist die
Nutzung des Waggons als
Konzertsaal in dem die Fahrgäste das mehr oder weniger
freiwillige Auditorium
stellen. Diese Strategie der Umdeutung wird
unterdrückt durch die
Interpretation der musikalischen Darbietungen als
Nötigung - mit dem Effekt,
daß die Musiker nur noch von Waggon zu Waggon hetzen
und nichts anderes mehr
von sich geben können, als klägliche Fragmente von
Musik, die in der Tat meist
sehr unerfreulich sind.
Eine
zweite Variante war die Umdeutung des Waggons zur
mobilen Party-Location. Zum
Ende der ersten Dekade gab es in Hamburg eine
regelrechte Explosion dieser Art
der |
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