Sternbilder&Scheinmobile
Einführung in die Ausstellung von Brigitte Bech
von Bastian Rais
27.09.2007



Die Ausstellung Sternbilder&Scheinmobile ist eine Zusammenarbeit des Kunstverein EINSTELLUNGSRAUM e.V. mit der Künstlerin Brigitte Bech.

'Zusammenarbeit', ja, präziser noch ist der Begriff 'Dialog', denn wir haben hier auf der einen Seite den EINSTELLUNGSRAUM, der nun schon seit geraumer Zeit Kunstschaffenden die Plattform bietet, Beiträge zur kontroversen Debatte um das Thema 'Automobilität' - und dieses im breitmöglichsten Sinne des Begriffs (Stichworte wie einsaugen, verdichten, Nebelscheinwerfer, Freiheit, Viertaktmotor, Stoffwechsel, Paradies, usw. verdeutlichen die Bandbreite der Diskussion) - zu leisten. Jedes Jahr steht unter einem anderen Motto, der gegenwärtige Zyklus befasst sich mit dem SCHEIN.

Brigitte Bech beschäftigt sich ihrerseits seit circa acht Jahren mit dem Thema Automobil, wobei diese Beschäftigung eine sehr eigenartige ist. Eigenartig hier im wörtlichen Sinn, auf ihre sehr eigene Art, wie auch ein nur kurzer Blick auf die in diesen Räumen ausgestellten Exponate es verdeutlicht. Beim Betrachten der hier gezeigten Werke können dem Betrachter alle möglichen Assoziationen einfallen – Design, PS, Geschwindigkeit, Schönheit, CO2-Ausstoß, Technik, Technikbesessenheit, Statussymbol, usw., aber der eigentliche Ansatz ist in diesem Sinne ein ganz neutraler.
Die Inspiration, der künstlerische Antrieb ist rein zweidimensional und entstammt der automobilen Fachpresse, gern auch obskuren Heftchen die nur von auserwählten Tankstellen geführt werden. Der Ansatz ist also primär ein ästhetischer, der Reiz liegt in der graphischen Darstellung des Automobils in den entsprechenden Magazinen.
Als Laie war ich übrigens über die große Zahl der unterschiedli- chen  Titel überrascht, aber dieses reflektiert sicherlich den hohen Stellenwert des Automobils in unserer Gesellschaft.
Somit wird man Brigitte Bech garantiert nicht beim Malen oder Zeichnen von Autos in ihrem natürlichen Habitat, in freier Lauf-, bzw. Fahrbahn beobachten können.
Darüber hinaus hat es im Verlauf dieser acht Jahre in Brigitte Bechs Arbeiten eine deutliche Entwicklung gegeben. Am Anfang waren es noch relativ konventionelle, wenngleich schon recht eigenwillige Autoportraits: der Pontiac Firebird, der BMW 600Csi, der MG T6, der GMC Pick-up. In der zweiten Phase folgten die havarierten Automobile, je heftiger desto besser: Karmann-Ghia mit Heckschaden, Chevrolet Corvette mit Totalschaden, Ford Taunus nach Zusammenprall mit Lkw. Die dritte, gegenwärtige Phase reduziert das stolze Vehikel auf seine Bestands-, bzw. Ersatzteile. Aber auch hier sind es keine neuen Vergaser oder Benzinpumpen, die porträtiert werden, sondern gebrauchte Teile, wie sie in der darauf spezialisierten Presse feilgeboten werden.

In kunsthistorischen Kategorien denkend könnte man gar auf die Traditionen des objet trouvé oder der Pop Art hinweisen, d.h. auf die Rolle des Zufalls beim Finden der als Quelle dienenden Photos vom Automobil als Massen- und Pop(ulär)objekt.

Diese Trennung der Phasen ist keine Absolute, es handelt sich eher um eine Progression, jedes Motiv könnte also auch gegenwärtig noch auftauchen, wie im Falle dieser Ausstellung zu sehen ist. Parallel dazu kam eine Tendenz zur Abstraktion. Einerseits entfremdet Brigitte Bech das Motiv in dem sie es in eine anderen Kontext setzt. Autowracks auf Weinflaschen- etiketten, Turbolader auf Handtüchern oder Ford Mustangs auf Weihnachtskarten sind Beispiele dieser Entfremdungsmethode. Anderseits wird das Objekt auch in seiner bildlichen Darstellung, bis hin zur beinahe Unkenntlichkeit reduziert. Wie zum Beispiel im Falle des pointillistischen Porsche Cayenne auf der hier zu sehenden Küchenschüssel - ein Ergebnis des 'Zeichnens mit der Bohrmaschine', wie die Künstlerin es nennt, einer Technik, die für alle anderen hier gezeigten Exponate (allesamt übrigens extra für diese Ausstellung geschaffen) angewandt wurde.
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